Date II – Cindy aus Bad Oldesloe

Der Auftakt zu unserer neuen Fortsetzungsreihe mit den Erlebnissen von Richard Michaelis beim Onlinedating erschien in Séparée No.34. Von seinen nächsten Dates lesen Sie an dieser Stelle.

Text: Richard Michaelis / Foto: Pixabay

Klar ginge es nur um Sex. Worum sonst. Meint Cindy von c-date. Sie ist sehr direkt. Und offen. Bereits vor dem ersten Treffen schickt sie mir sexy pics. Selfie im Bett – nackt, aber ein Laken verdeckt die spannensten Stellen. Selfie frisch geduscht im Badezimmerspiegel – mit weißem Badehandtuch um den Körper gewickelt. Selfie im Bikini im Garten – im Hintergrund Sonnenschirm und Planschbecken. Meine Fantasie geht steil. Laut ihrem Profil liebt sie Doggystyle.

Mit dem Schreiben in vollständigen Sätzen hat es Cindy dagegen weniger. Was sie nicht davon abhält, mich mit Nachrichten zu bombardieren. Sie lauten “hey”, “wie geht´s” oder “guten morgen”. Pausenlos macht es ping. Ein Smiley. Ping. Eine Stunde später eine Winkehand. Wieder Ping. So geht das in einem fort. Cindy ist 34. Benimmt sich aber wie 17. Ich denke: Eine andere Generation. Eine andere Art zu kommunizieren. Und ich fühle mich alt. Doch weil Aufgeben keine Option ist, versuche ich tapfer mitzuhalten. Sende Lachsmileys, den Affen, der sich mit den Händen die Augen zuhält oder den nach oben gereckten Daumen. Kurz, ich mache mich lächerlich. Ein kultivierter Mann ab 40 sollte in Würde altern und auf Emojis verzichten. Komplett. Allein das hat Stil.

Ich quetsche mich in den übervollen Regionalexpress und zuckele nach Bad Oldesloe. Treffpunkt ist der Parkplatz am Stadion im Kurpark. Ich erkenne sie sofort. Cindy lehnt an einem dunkelblauen alten Ford Mondeo. Sie hat sich gut gehalten. Immerhin hat sie bereits vier Kinder. Eine Modelkarriere wird sie aber nicht mehr einschlagen.

“Hallo!”

“Hey!”

Wir mustern uns. Cindy grinst unsicher. Dann laufen wir los und folgen einer stillgelegten Bahnstrecke, die zum Rad- und Wanderweg ausgebaut worden ist. Sehr hübsch. Es geht an Feldern, Büschen und Wiesen vorbei. Außer uns sind nur einige wenige Radfahrer und Hundebesitzer unterwegs. Auf einer Bank genießen wir den Sonnenuntergang.

“Zigarette?”

“Ja, gern.”

Ich rauche schon lange nicht mehr, will aber nicht als Spaßbremse dastehen.

“Hast du gar keine Angst, dass dein Ehemann jetzt vorbeikommt?”

“Der? Nö. Der guckt gerade den Saisonauftakt des HSV auf Sky.”

Oh, denke ich: Zweitklassig in jeder Hinsicht.

“Und zwischen euch so, die Luft ist raus?”

“Schon lange. Er ist überhaupt nicht mehr zärtlich. Denkt nur an sich im Bett.”

“Aber trennen wollt ihr euch nicht?”

“Nein, sonst sind wir eigentlich ein gutes Team.”

Cindy holt ihr riesiges Handy raus und guckt kurz auf den Bildschirm. Dann steckt sie es wieder ein. Ein Jogger kommt vorbei. Langsam weicht die Anspannung.

“Meine Freundin hat gesagt, dass du bestimmt nett bist und ich dich treffen soll.”

“Deine Freundin ist sehr schlau! Und du, wolltest gar nicht?”

“Doch, doch. Aber ich war unsicher.”

“Und da hast du ihr meine Fotos gezeigt.”

“Nicht nur die.”

“Ah. Danke für die Offenheit!”

Das muss ich also künftig immer mitdenken. Dass nicht nur alle meine Fotos in den Kreis der Freundinnen weitergeleitet werden, sondern auch unser Chat. Ich überlege sofort, ob ich bereits etwas Kompromittierendes verschickt habe.

“Gehen wir noch ein Stück?”

“Unbedingt.”

Wir biegen in einen Feldweg ein. Hinter einem Busch nehme ich ihre Hand. Sie bleibt stehen und dreht sich zu mir um. Ich ziehe sie zu mir heran. Dann küsse ich sie. Ihre Zunge ist massig, labbrig und wässrig. Leider kann man sie nicht als natürliches Kusstalent bezeichnen. Ich bewundere ihr Piercing. Sie trägt einen Labret-Stecker links unterhalb der Unterlippe. Ich nehme ihr Gesicht in die Hände und streichele sie. Sie bleibt passiv. Dann wandert meine Hand unter ihr beiges Sweetshirt. Cindy fasst sich gut an. Weich und unverbraucht. Und sie riecht fantastisch. Ich habe zunehmend Blutstau. Ich streichele ihre Hose zwischen den Beinen entlang. Sie stöhnt hauchzart.

“Wollen wir zurückgehen?”

Sie macht sich los.

“Wenn du das möchtest.”

“Na ja. Ich muss. Fällt sonst langsam auf.”

Wieder checkt sie kurz ihr Handy. Schließlich laufen wir zurück. Sie fährt mich noch zum Bahnhof. Küssen zum Abschied ist ihr mitten in der Stadt zu gefährlich. Man kennt sich. Ich werfe die Beifahrertür zu und sehe ihr hinterher. Dann sitze ich als Einziger am Bahnhof Bad Oldesloe auf Gleis 2 und warte auf den stinkenden Regionalexpress.

Ich bin kaum zu Hause, da vibriert mein Handy. Und nochmal. So geht das eine Weile. Nachrichten von Cindy. War schön. Bald mal wieder treffen. Du küsst gut. Worauf stehst du. So Blabla-Zeugs halt. Am nächsten Abend macht es wieder pausenlos Ping. Diesmal gibt es Nelfies. Ohne Bettdecke. Ohne Handtuch. Und ohne Bikini. Das ist neu für mich. Cindy hat große feste Brüste. Und mindestens zwei Tattoos. Eine Schlange windet sich ihr linkes Bein hoch.

Sexting ist bei Frauen in meinem Alter nicht verbreitet. Da sieht man eher die Risiken. Und keine Chancen. Vielleicht verschicken Frauen mit Hochschulabschluss auch seltener Nacktbilder. Müsste man mal eine Studie zu in Auftrag geben. Ich bin beeindruckt von ihrem Vertrauen in mich. Und finde Sexting zu meiner Überraschung und entgegen meinen Vorurteilen sehr aufregend. Anregend. Und erregend. Im Bett liegend revanchiere ich mich. Allerdings nur mit Details. Eine Hand mit erigiertem Schwanz im Halbdunkeln. Oder einem Ganzkörperfoto ohne Kopf. Wenn ich ehrlich zu mir bin, muss ich zugeben, dass es Spaß macht. In den acht Jahren meiner letzten Beziehung habe ich kein einziges Nacktbild bekommen.

Einige Tage später sitze ich erneut im übervollen Regionalexpress. Nächster Halt Bad Oldesloe. Ein paar Schritte bis zum Kurpark. Da lehnt sie wieder an ihrem ungewaschenen Ford. Pfannkuchengesicht, dunkle lange Haare, Kapuzenpulli und Leggins. Billig. Und seeehr sexy. Wir gehen die gleiche Strecke. Der Kies knirscht laut unter unseren Sohlen. Und sie redet sehr leise. Ich verstehe kaum ein Wort, muss dauernd nachfragen. Sie erzählt von der Pension, die sie mit ihrem Mann hatte. Von ihrem Job als Kellnerin. Und von ihrer behinderten Tochter, um die sie sich kümmert. Wie schwer es sei, sie in einer normalen Schule anzumelden.

Diesmal laufen wir den Weg ein Stück weiter und biegen über einen Feldweg hinter ein paar ausgewachsenen Holunderbüschen auf eine ausgedehnte Koppel. Cindy hat eine Decke mitgebracht. Und ihre Spezialmischung. Ein übler Mix aus trockenem Sekt und Red Bull. In einer Plastikflasche. Aber ich bin ja auch nicht hergekommen, um Champagner zu schlürfen. Wir rauchen und blicken über die weite Ebene. In der Ferne sind die Autobahn und eine Bahnstrecke zu erkennen. Ein leises Rauschen. Alle paar Minuten vibriert die Luft ein wenig. Es ist die Einflugschneise zum Helmut-Schmidt-Airport in Fuhlsbüttel. Das romantische Dorfleben einmal anders. Gern würde ich irgendwie das Eis zwischen uns brechen.

“Soll ich dich mal massieren?”

Eine plumpere körperliche Annäherung fällt mir gerade nicht ein.

“Ja. Warum nicht.”

Ich knete ihre Schultern, ihren Rücken, später auch ihre Beine. Es gibt diverse kleine Speckfalten, ich greife beherzt hinein.

“Du, wir können heute nicht zusammen schlafen. Ich habe meine Tage.”

Und warum hast du mich dann überhaupt anreisen lassen? Frage ich natürlich nicht.

“Das ist doch kein Thema“, sage ich und versuche, meiner Stimme ein sanftes Timbre zu geben. Ich schlucke meine Enttäuschung herunter und streichele sie weiter. Dann nehme ich ihre Hand und lege sie auf die Ausbuchtung meiner Jeans. Cindy reibt den Stoff in meinem Schritt. Sie wirkt verlegen und interessiert zugleich. Dann wirft sie einen Blick zurück über die linke Schulter und noch einen über die rechte. Außer ein paar Kühen nichts zu sehen. Die Dämmerung senkt sich über die Wiesen. Ganze Regimenter von Mücken umschwärmen uns. Ich öffne den obersten Knopf der Hose, ziehe den Reißverschluss herunter. Cindy nimmt meinen Schwanz in die Hand. Gefühlt ist er sehr heiß. Sie rubbelt etwas ungeschickt und trocken an ihm herum. Es ist eher unangenehm. Ich spucke mir in die Hand und verteile die Spucke auf meinem Schwanz. Ich spüre die Welle der Erregung ganz langsam in mir aufsteigen. Gleichzeitig höre ich das Summen und Sirren der Mücken. Ganz nah an meinem Ohr. Ich greife wieder unter ihren Pullover und streichele eine Brust, umfasse sie fest, kneife die Brustwarze. Cindy reibt nun heftiger, ich stöhne.

“Magst du ihn in den Mund nehmen?”

“Doch nicht gleich beim ersten Mal.”

Sie zieht mir die Hose bis in die Kniekehlen. Beugt sich über mich. Behält meinen Schwanz aber weiter in der Hand und bewegt ihn rhythmisch auf und ab. Ich spüre einen Stich im Nacken. Und noch einen auf dem nackten Po. Ich fasse kurz hin. Es ist vermutlich zu spät, die Mücke längst weg. Und schon bin ich raus, abgelenkt. Meine Erregung flacht ab. Cindy rubbelt weiter. Neue Spucke. Da, wieder eine Mücke, direkt auf der Stirn.

“Diese Scheiß Mücken.”

Cindy lacht.

“Ich kann einfach nicht kommen.”

Da nimmt ihn Cindy plötzlich doch in den Mund. Ah, sehr gut, denke ich und schaue kurz zu. Das Auge fühlt ja mit. Dann lege ich mich auf den Rücken. Und lasse mich fallen. Es ist jetzt dunkel. Und die Mücken sind überall. Ich rühre mich nicht mehr. Es ist mir egal. Sollen sie mich doch zerstechen. Ich will jetzt kommen. Cindy nimmt ihn wieder in die Hand. Dann entlade ich mich zuckend, verspritze mein Sperma auf die Decke, die Wiese, ihre Hand und meine Hose. Sekunden später beginnt es zu jucken. Ich ziehe mich an.

“Ist alles gut?”

Cindy wird die Frage auf dem Rückweg noch zweimal stellen. Vermutlich fürchtet sie, dass es mir nicht gefallen hat und ich enttäuscht bin.

“Entschuldige, dass wir nicht zusammen geschlafen haben.”

“Quatsch. Du musst dich doch nicht entschuldigen. Es ist alles gut.”

Sie fürchtet, dass ich sie nicht wiedersehen will. Eine letzte Zigarette, dann laufen wir zurück. Diesmal bekommt sie im dunklen Mondeo einen letzten Kuss. Dann fährt der stinkende Regionalexpress auch schon ein. Unfroh in Bad Oldesloe. Mittlerweile juckt es mich am ganzen Körper. Zu Hause zähle ich die Mückenstiche. Es sind siebzehn. Insgesamt hat mein Ausflug fünf Stunden gedauert. Alles für einen mittelmäßigen Schuss.

Am nächsten Tag tanzt mein Handy erneut vom Tisch. Es vibriert und vibriert. Das geht mir auf die Nerven. Ich will keinen Dauerkontakt. Das ist ja wie eine Beziehung. Und die will ich gerade nicht. Schon gar nicht mit einer 17jährigen mit vier Kindern. Vorerst könnten wir uns nicht treffen, lässt sie mich wissen. Sie habe sich beim Kickboxen das Knie verdreht. Der Meniskus müsse geglättet werden. Zur Überbrückung erhalte ich weitere Nelfies. Ich kratze meine Mückenstiche auf. Vier Wochen und einige Nacktbilder später ziehe ich den Stecker. Die Geschichte erscheint mir zu kompliziert. Zu mir nach Hamburg kann Cindy von c-date nicht kommen, da es ihr zu weit ist und sie nicht so viel Zeit hat. Zu ihr können wir nicht, wegen ihres Mannes und der Kinder. Ich müsste ein Hotel buchen, was ich mehrmals konkret vorschlage. Doch immer, wenn ich frei habe, kann sie nicht. Ich lasse es ausschleichen. Trotzdem schreibt sie mich in den Folgewochen immer wieder an. Ping. “Hey!” Ich reagiere nicht mehr.

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