Fisting

Fisting klingt nicht gerade sinnlich, aber wenn beide Spielpartner miteinander vertraut sind und sich ausreichend Zeit zum Probieren und Üben nehmen, kann es eine sehr intime Erfahrung mit unglaublich intensiven Orgasmen sein.

Text: Michaela Reifeland
Fotos: GLady_Pixabay

Warum reden wir nicht über Fisting?

Neulich fiel mir auf, dass Séparée noch nie etwas über Fisting – damit ist hier die Penetration der Vagina mit der ganzen Hand gemeint – publiziert hat. Und auch auf anderen einschlägigen Blogs und Plattformen zum Thema Sexualität gibt es wenig darüber zu lesen. Selbst wenn man sich beruflich intensiv mit sexuellen Themen auseinandersetzt, begegnet einem diese Spielart so gut wie nie. Woran liegt das wohl, habe ich mich gefragt.

Man sollte meinen, dass es kaum noch sexuelle Tabuthemen gibt. Menschen geben inzwischen relativ offen zu, dass sie Sexspielzeug benutzen, Pornos gucken, Analsex praktizieren oder auf Fesselspiele stehen. Seit 50 Shades of Grey ist Vieles salonfähig geworden, aber dass jemand Fisting betreibt, hört man so gut wie nie. Selbst mit den Freundinnen und Kolleginnen, mit denen ich sonst über noch so delikate Details spreche und Sexspielzeuge austausche, habe ich noch nie über Fisting geredet. Weder habe ich sie gefragt, ob sie es mögen oder praktizieren, noch sie mich. Das ist doch seltsam.

Ist eine Hand in der Möse vom Prinzip her denn so viel anders als ein üppig gebauter Schwanz, ein ernst gemeinter Dildo oder ein gut gewachsenes Gemüse? Interessiert es am Ende einfach niemanden oder gilt es als zu „schmutzig“ und niemand traut sich an das Thema ran?

Tut Fisting nicht weh?

Zugegeben, im Mainstream Porno sieht Fisting meist recht unappetitlich aus, aber was sieht dort schon appetitlich aus?! Dort wirkt es eher wie eine Praxis für grunzende Grobmotoriker mit dumpfem männlichen Dominanzgebaren, die nicht zum Nacheifern anregt. Insbesondere nicht für Frauen, denn es sieht mehr nach Schmerzen als nach lustvollem Vergnügen aus.

Ich hielt eine ausgewachsene Männerhand in meiner zarten Möse sowieso sehr lange für anatomisch unmöglich und hatte nicht das Bedürfnis es auszuprobieren, denn ich stehe absolut nicht auf Schmerzen. Mit einem prächtigen Schwanz, einigen talentierten Fingern oder mal einer mittelgroßen Zucchini war ich immer ausreichend bedient.

Dass ich trotzdem irgendwann zum Fisting kam, hat sich aus dem Spiel mit meinem Freund fast von allein entwickelt, aus unserem natürlichen sexuellen Verlangen, einander so nah und verbunden wie möglich zu sein, körperlich und emotional.

Die emotionale Komponente ist dabei wirklich nicht zu unterschätzen. Mich jemandem so zu öffnen, dass er mich – im wahrsten Sinne des Wortes – in meinem tiefsten Inneren berühren kann, ist ein ganz besonderes Privileg. Mit einem fremden oder wenig vertrauten Mann würde ich das überhaupt nicht in Betracht ziehen. Die Hand meines Geliebten in meinem Körper ist für uns beide von bewegender Intimität.

Und nein: Es muss und sollte nicht wehtun. Dazu empfiehlt es sich, sehr vorsichtig und ohne Hast vorzugehen, um Schmerzen oder gar Verletzungen zu vermeiden.

Geht das wirklich?

Bestimmt gibt es Konstellationen, bei denen es leichter flutscht, mit einer sehr dehnbaren Öffnung oder einer kleinen Hand, aber nach meiner Erfahrung braucht es etliche Versuche, bis die Hand ohne Schmerzen in die Vagina gleitet.

Wir haben über Monate hinweg beim Spiel immer mal wieder probiert, zu den bisher maximal vier Fingern in meiner Möse noch den Daumen hinzuzunehmen, wenn unser Verlangen nach mehr schrie, aber egal wieviel Gleitgel wir benutzten, es passte nicht. Und egal wie schmal mein Freund seine Hand machte, an den Fingerknöcheln ging es nicht weiter. Aber irgendwann – ich dachte schon nicht mehr, dass es je passen würde – rutschte er bei den Drehbewegungen seiner Hand doch plötzlich über den Widerstand seiner Knöchel hinweg in mich hinein. Es zwickte irgendwo, an der Vorderseite, am Ausgang der Harnröhre wahrscheinlich, ich musste die neuen Empfindungen erst sortieren. Diese Berührungen waren vollkommenes Neuland, ihre Fremdheit und Heftigkeit überforderten mich im ersten Moment, das war mir zu gewaltig. Einen Orgasmus hatte ich nicht, aber einige sehr ergreifende Momente, bevor mein Freund seine Hand behutsam wieder entfernte.

Danach verbrachten wir wieder eine Weile mit „üben“, bevor es das nächste Mal gelang. Beim zweiten Mal zwickte es viel weniger und insgesamt war mein Körper schon besser auf die Berührung vorbereitet. Als die Hand schließlich in mich glitt, kam ich augenblicklich, und zwar so heftig, dass ich am ganzen Leib zitterte und in ungehemmtes Schluchzen ausbrach. Vollkommen überwältigt und selbst mit Tränen in den Augen hielt mein Freund mich lange fest im Arm. Eine solch erschütternde Intensität und Verbundenheit hatten wir beide noch nicht erlebt.

Höher, weiter, schneller, mehr?

Mit jedem Mal ist das Eindringen der Hand etwas geschmeidiger geworden, doch an Intensität hat die Praktik kaum nachgelassen. Fisting hat uns eine ganz neue Dimension an Empfindungen erschlossen, die wir längst noch nicht ausgeschöpft haben und so bald auch nicht werden. Wir sind immer noch dabei, all die neuen Berührungspunkte und -möglichkeiten in meinem Innern zu erkunden. Es ist keine Spielart, die jemals Teil unseres täglichen Liebesspiels sein wird, aber eine von vielen, zu denen wir uns ab und zu hinreißen lassen, wenn uns das Verlangen dazu überkommt. Fisting ist auch nichts für einen Quickie, denn es braucht jedes Mal wieder Zeit und Hingabe für die Vorbereitung. Es ist nämlich nicht so dass man davon ausleiert; nach der Dehnung zieht sich die Möse erstaunlich schnell wieder zusammen. Man braucht also keine Sorge zu haben, dass einem fortan ein „normaler“ Schwanz nicht mehr genügt oder dass man immer heftigere Dehnungen braucht um sich ausgefüllt zu fühlen.

Beim Ausprobieren unbedingt beachten:

  • Fingernägel ganz kurz schneiden und glatt feilen

  • wirklich viel Gleitgel benutzen

  • sehr langsam und vorsichtig vorgehen

  • Feedback geben wenn es unangenehm wird

  • Stopp sagen wenn es weh tut

  • gegebenenfalls verschiedene Positionen probieren

 

Der Artikel entstammt Séparée No.25.

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