Mandy Line

Simon ist heterosexuell und seit 30 Jahren mit seiner Partnerin zusammen. Sein weibliches Alter Ego Mandy Line schlummert schon lange in ihm.

Bild: Katharina Pfaller

Simon (Name v. d. Red. geändert) ist heterosexuell und seit 30 Jahren mit seiner Partnerin zusammen. Sein weibliches Alter Ego Mandy Line schlummert schon lange in ihm und kam lange Zeit nur in seinen vier Wänden zum Vorschein. Seit anderthalb Jahren erlebt Mandy Line ein Coming Out.

Séparée: Wodurch hast du deinen Hang zu deiner weiblichen Seite erstmals entdeckt?

Wahrscheinlich hatte es etwas mit Kleidung zu tun. Als Kind habe ich gern im Kleiderschrank meiner Mutter gestöbert, und die Abteilung Unterwäsche/Nachtwäsche hatte es mir besonders angetan. Ich habe mir im Spiegel genau angeschaut, wie das an mir aussieht und es fühlte sich richtig gut an.

Worin manifestierst du deine Weiblichkeit?
Momentan nur über die Äußerlichkeiten. Klar, man muss auch den Habitus etwas anpassen, wenn man Frauenkleider trägt. Es sollte aber

schon ein nettes Gesamtbild entstehen und nicht lächerlich wirken. Ich arbeite noch an meinem persönlichen Stil.

Wolltest du als Kind gern ein Mädchen sein?
Nein, eigentlich nie. Als Teenie war ich allerdings ziemlich neidisch auf den weiblichen Orgasmus. Inzwischen haben sich ein paar mehr Facetten in meinem Sexualleben ergeben und es ist nicht mehr ganz so schlimm. Okay, ein bisschen Neugierde besteht da aber immer noch.

Bist du trotzdem gern auch ein Mann?
Ich bin ja ein Mann und spiele nur Frau. Wenn ich ehrlich bin, ist es oft viel entspannter, als Mann durch den Tag zu gehen. Das hängt aber auch mit dem immensen Aufwand zusammen, den ich betreibe, um weiblich rüber zu kommen.
Mein persönlicher Horizont ist auch eher im Künstlerischen verankert. Da gibt es z.B. eine Metal-Band, in der ich gerne den Frontmann abgebe, Gitarre spiele und singe. Das ist der andere Teil von mir, den ich genauso brauche wie den Mandy-Anteil.

Empfindest du dich als gutaussehenden Mann? Wirst du als solcher wahrgenommen?
Jemand auf Facebook schrieb mal: „Schönheit kommt vom Schminken“ – Zwinker!
Ohne Make-up und inzwischen ja auch ohne Haare und Bart kommt der Mann schon recht mies weg im Vergleich. Ich würde sagen, andere sehen mich schon als attraktiven Mann. Selber ist man immer etwas kritischer mit solchen Behauptungen.

Was bedeutet Frausein für dich?
Sich einmal mit ganz anderen Dingen beschäftigen: Vorm Spiegel posen und Haare kämmen. Zur Disko gehen und mit den Hüften wackeln. Handtaschen kaufen. Heiße Fotos machen.
Sich mal zurücklehnen und die anderen machen lassen. Sich hingeben, ohne immer diesen „Plan“ im Hinterkopf.
Naja, und auch aufwaschen, Wäsche machen und Stube saugen natürlich, haha.

Wie hast du angefangen, Mandy Line eine äußere Gestalt zu geben?
Anfangs passierte das eher unbewusst und planlos. Erst in dem Moment, wo du mit Perücke, angeklebten Wimpern und Make-up das Haus verlässt, machst du dir das erste Mal ernsthafte Gedanken, wie deine Umwelt auf dich reagieren wird. Dementsprechend denkst du auch intensiv über dein Erscheinungsbild nach und kreierst Stück für Stück deinen Style.
Ein weiterer Punkt ist der Auftritt in den sozialen Medien. Über meinen weiblichen Namen habe ich mir erst Gedanken gemacht, als ich den Facebook Account erstellen wollte. In dem Moment, wo du eine derartige Öffentlichkeitsarbeit betreibst, wird es zum Selbstläufer. Du möchtest einfach gut rüber kommen, vergleichst dich mit anderen, wirst von anderen inspiriert, entdeckst Neues, siehst dich selber in einem anderen Licht und die ganze Sache kommt immer mehr ins Rollen. Das wiederum beeinflusst deinen Stil. Den gab es ja vorher noch nicht wirklich. Welche Perücke passt zu dir, welche Farben, welche Kleider usw. Es ist ein Prozess. Nach eineinhalb Jahren bin ich ansatzweise da angekommen, wie ich mich als Mandy sehe, wohlfühle und von der Umwelt wahrgenommen werden möchte. Das ist immer noch etwas auffällig, gerne schrill aber inzwischen auch etwas gediegener als ganz am Anfang.
Man hat als Transe sicher gewisse Freiräume, die normale Frauen so nicht haben, weil sie dann schnell als „nuttig“ eingestuft werden. Wir sind sowieso etwas crazy, warum dann nicht gleich richtig crazy.

Wie hat deine Frau reagiert, als sie von deiner Neigung erfuhr? Wie geht ihr in eurer Partnerschaft damit um?
Meine Partnerin kennt das Spielchen schon seit unseren gemeinsamen Anfängen vor vielen Jahren. Anfangs war alles aber noch nicht so ausgeprägt wie in den letzten anderthalb Jahren. Ich hatte gern und regelmäßig Sex in schöner Frauenunter- oder Nachtwäsche. Da gab es noch keine Perücken, kein Schminken und keine Öffentlichkeit. Es war unser Geheimnis.
Inzwischen ist alles etwas komplizierter geworden. Aber nicht unmöglich. Sie arrangiert sich damit und hat auch Spaß an den gemeinsamen Unternehmungen, vorzugsweise im Urlaub. Man lernt andere Leute kennen und wir haben bis jetzt nur positive Erfahrungen gemacht.

Das vollständige Interview und die ganz Fotostrecke finden Sie in Séparée No.27.
 

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