Der Muschitester

Wenn dem erfolgsverwöhnten Businessmann auf dem Weg der zielorientierten Optimierung der Blick für den Prozess abhanden kommt. von Anna Bell

Ich fahre nun schon eine Weile auf der Straße entlang einer drei Meter hohen Lorbeerhecke. Hier muss es doch sein. Die sonore Stimme mit dem sexy Timbre wiederholt ständig: „Du hast dein Ziel, Schlossallee 5, erreicht.“ Ich stelle mir vor, wie Barbie’s Freund Ken in meinem Navi sitzt und mir seine Worte ins Ohr flüstert. Wie groß ist denn bloß dieses Grundstück? Gibt es hier auch einen Eingang? Da, endlich sehe ich ein eisernes Tor, genauso hoch wie die Hecke. Exakt ist man hier also. Als ich mich dem Tor nähere, öffnet es sich wie durch Zauberhand. Ich bin erwartet, aber etwa auch beobachtet worden? Ich fahre durch das weit geöffnete Tor auf einen sauber geharkten Kiesweg. Nach mehreren hundert Metern taucht ein Haus, nein, vielmehr eine riesige Villa im italienischen Stil auf, wie gemalt in einer gepflegten Parkanlage. In der geöffneten Tür steht ein hochgewachsener, gutaussehender – verdammt gutaussehender – Mann meines Alters. Mit strahlendem Lächeln begrüßt er mich: „Hallo Stefanie! Wie schön, dass du den Weg hierher gefunden hast.“ Mit aufmerksamem Blick beobachtet Andre, der Hausherr, jede meiner Bewegungen. Wow, dieses Blau seiner Augen konnte ich auf den Fotos so nicht erkennen. Wir begrüßen uns, Küsschen hier, Küsschen da, und er bittet mich, auf einem breiten Ledersofa Platz zu nehmen. Aus den Augenwinkeln nehme ich die Dimensionen dieses Hauses wahr. Prima, denke ich, hier könnte ich mit ihm Inliner fahren.

„Möchtest du erst einen Kaffee trinken?“, höre ich Andre fragen. „Oder hast du nicht so viel Zeit?“ Soviel Stil muss sein, denke ich. Einen Kaffee nehme ich gerne. Auch, um mir doch einen kurzen Augenblick zum Ankommen zu gönnen. Vor allem aber, um mir den Mann anzuschauen, der mich mit erotischen Worten verführt und mir ein unvergessliches Liebeserlebnis angekündigt hat. „Sinnlicher Sex“ sind, glaube ich, seine Worte gewesen. Kaum hat der Kaffee meine Kehle Richtung Magen verlassen, kommt Andre auch schon zum zweiten Teil unserer heutigen Verabredung. Aha, die Nutzung der Resource Zeit wird hier also maximiert, oder anders ausgedrückt: er verschwendet keine Zeit. Umgehend hängt er mit seinen vollen Lippen wortwörtlich an mir. Und ehe ich mich versehe, rutscht seine Hand auch schon unter meinen Rock und seine Finger seitlich in mein Höschen. Der geht aber ganz schön ran, denke ich. „Lass dir ruhig Zeit“, sage ich. Den Feuchtigkeitsfaktor meiner Muschi beurteilend und für ausreichend befindend, knöpft er sich geschickt mit der anderen Hand seine Hose auf und schenkt einem stattlichen Schwanz die Freiheit. Ohne viel Vorgeplänkel versucht er damit nun zügig die Flügel meines vor Erregung prall gefüllten Tores zu öffnen. Aber so einfach wie mit seinem eisernen Tor geht das hier wohl nicht. Mein Tor braucht keine Fernbedienung, sondern einen Zauberspruch. Dumm, wenn man den nicht kennt. Das kann ein böses Ende nehmen, denke ich, wie bei „Sesam öffne dich“.

Mein Tor würde den Weg in die dunkle Höhle meiner Muschi genussvoll freigeben, wenn er zärtlich anklopfte, aber einem Schwanz wie ein Rammbock bleibt sie wohl verschlossen. „Hab etwas Geduld, Liebster, und verwöhne mich doch erst einmal mit der Zunge“, flüstere ich Andre ins Ohr. Aber vermutlich leidet der Arme schon unter einer beginnenden Schwerhörigkeit. Er ignoriert meine Worte und fordert mich auf, ihm jetzt einen runter zu holen. Kein Problem, denke ich, war doch bei Irina Palm in der Lehre. „Schneller!“, keucht er, und ich lege den Turbogang ein. Dieser Quickie hat mit sinnlichem Sex so viel gemeinsam wie Nescafe mit einer japanischen Tee-Zeremonie. Aber man darf seinen Humor dabei nicht verlieren. Es dauert nicht lange, bis sich sein dicklicher Saft aus seiner Schwanzspitze quält und langsam an meinen Händen hinunter tränt. Schon springt Andre auf und läuft ins Bad. Schwache Blase?, denke ich. Aber da höre ich auch schon das Plätschern der Dusche. Nein, ich höre förmlich, wie mein Geruch seinen Körper hinunter rinnt und im Abfluss verschwindet. Kurz darauf erscheint Andre in der Badezimmertür: „Das passt nicht.“ Ich schaue ihn irritiert an: „Was passt nicht?“ „Deine Muschi ist zu eng für meinen Schwanz. Er passt nicht hinein. Nur wenn das passt, brauche ich eine Frau überhaupt erst kennen zu lernen.“ Nanu, da ist dem erfolgsverwöhnten Businessmann wohl auf dem Weg der zielorientierten Optimierung der Blick für den Prozess abhanden gekommen. An sich gibt es keine zu engen Frauen, immerhin passen da ja Babies durch. Aber es gibt ungeduldige Männer.

So ist das also, denke ich auf meinem Heimweg. Ich habe bisher immer komplexe Gedankenvorgänge vermutet, wenn ein Mann sich nach einem Date nicht mehr gemeldet hat. Aber der triviale Muschitest „Schwanz passt, Frau passt“ entscheidet wohl öfter, als ich gedacht habe.

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