3 Filme über weibliche Lust

Drei empfehlenswerte Dokumentationen über verschiedene Facetten der Weiblichkeit.

Text: Ute Gliwa
Fotos: © Nejron Photo/stock.adobe.com, PR

#Female Pleasure

female pleasure

In diesem zutiefst erschütternden Dokumentarfilm von Barbara Miller kommen fünf junge Frauen zu Wort und erzählen anhand ihrer eigenen Lebensgeschichte von der weiblichen Sexualität in ihrem jeweiligen Kulturkreis. Deborah Feldman, Autorin des Romans „Unorthodox“, auf dem auch die gleichnamige Serie basiert, wurde als Minderjährige zwangsverheiratet und floh später aus ihrer ultra-orthodoxen jüdischen Gemeinschaft in Brooklyn nach Berlin. Die Künstlerin Rokudenashiko aus dem traditionellen buddhistischen Japan, in dem die Darstellung und Verehrung männlicher Phallussymbole gang und gäbe ist, wurde für ihre Vulven-Kunst wegen Obszönität vor Gericht verurteilt und eingesperrt. Vithika Yadav, Menschenrechtsaktivistin und Gründerin der indischen Aufklärungs-Plattform Love Matters erzählt vom Leben indischer Mädchen und Frauen, die der Gefahr von Vergewaltigungen ständig ausgesetzt sind. Doris Wagner war als junges Mädchen überzeugte Christin und wollte Nonne werden, doch der von den Kirchenvätern still geduldete Missbrauch an ihr und anderen Novizinnen brachte sie schließlich vom Glauben ab. Leyla Hussein, mit Wurzeln im muslimischen Somalia, berichtet von ihrer Genitalverstümmelung und dieser bis heute praktizierten grausamen Tradition, selbst im europäischen und amerikanischen Ausland. Inzwischen hat sie es sich zur Aufgabe gemacht, für Aufklärung unter Frauen und vor allem auch jungen Männern zu sorgen, denn Mädchen werden hauptsächlich beschnitten, weil Männer angeblich nur beschnittene Frauen heiraten wollen.

Fünf so unterschiedliche geografische Regionen, Gesellschaftsformen und Weltreligionen, und doch haben sie alle eins gemein: die Unterdrückung der weiblichen Sexualität. Ein immens wichtiger Film.

#Female Pleasure (D 2018), Regie: Barbara Miller, mit Deborah Feldman, Leyla Hussein, Rokudenashiko, Doris Wagner und Vithika Yadav

Kink

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Es muss nicht zwangsläufig immer schmutzig in der Pornobranche zugehen. Dass man Pornos auch mit echter Leidenschaft und Fairness allen Beteiligten gegenüber produzieren kann, zeigt der spannende Dokumentarfilm von Christina Voros.

Seit über 20 Jahren produziert Kink.com jenseits vom Mainstream authentische Fetisch-Pornografie. Voros lässt in ihrem Film viele der inzwischen rund 100 festen Mitarbeiter zu Wort kommen, darunter viele Regisseurinnen. Sie sehen sich selbst als sex-positive Feministinnen, die ihre Lust und Neigungen selbstbewusst und -bestimmt ausleben. Darstellerinnen und Darsteller bei Kink.com sind auch im echten Leben Liebhaber von BDSM, ihre Lust und Hingabe vor der Kamera ist nicht gespielt, sondern authentisch empfunden. Do’s and Don’ts werden vor dem Dreh genau geklärt, damit sich die Szenerie vor der Kamera erstens innerhalb der von den Darstellern gesetzten Grenzen abspielt, und zweitens ohne vorgetäuschte Orgasmen, ohne leblose Gesichtsausdrücke und ohne unglaubwürdiges Vokabular auskommen muss.

In ihrem Film nimmt Voros uns mit in den Produktionsalltag von Kink.com und begleitet die Teammitglieder bei ihren ganz normalen Tätigkeiten: dem Set-Design, der Auswahl und dem Vorgespräch mit den Darstellern und diversen Szenarien beim Dreh. Es ist schön zu sehen, mit welcher Offenheit und Direktheit, aber wo nötig auch mit Sensibilität und Einfühlungsvermögen, dort mit Sexualität umgegangen wird.

Kink – The 51st Shade of Grey (USA 2015), Regie: Christina Voros, Produzent: James Franco

Die Lust der Frauen

die lust der frauen

Fast zehn Jahre ist dieser einstündige Dokumentarfilm jetzt, doch an Aktualität hat er nichts verloren. Fünf lustvolle Frauen über 60 erzählen von ihren sexuellen Bedürfnissen und von ihrem meist langen Weg zu deren Erfüllung. „Ich habe meinen Mann geheiratet, um ihm das leben schön zu machen. Und er hat mich geheiratet, um sich das leben schön zu machen.“, sagt eine von ihnen. Bis sie merkte, dass sie dabei zu kurz kam, vergingen Jahre. „Was passiert mit uns Frauen, dass wir unzufrieden und unglücklich sind und uns dabei noch schuldig fühlen.“, sinniert eine andere über ihre frühen Ehejahre.

Die fünf Protagonistinnen haben gemein, dass ihre sinnliche Wahrnehmung mit den Jahren stärker geworden ist, was die sexuelle Empfindung natürlich nicht ausschließt. Ihre sexuellen Bedürfnisse und ihre Eregbarkeit haben auch nach der Menopause nicht abgenommen. Denn Erotik wird vom Kopf gesteuert, nicht von den Eierstöcken. Sie alle können den Sex jetzt mehr genießen als früher, das Vergnügen ist größer, weil sie sich besser darauf einlassen können. Die gereiften Frauen sind außerdem jetzt viel weniger kritisch mit ihrem Körper als früher, als der noch jung und knackig war. Und: Sie brauchen keine Verhütung mehr. Für die Protagonistinnen ist klar, dass körperliche Beziehungen und guter Sex zur viel gepriesenen „Würde des Alterns“ dazugehören.

Vielleicht werden ältere Frauen in unserer Gesellschaft nur nicht mehr als erotisch wahrgenommen, weil es ihnen und uns allen eingeredet wird und die meisten sich einfach in die Rolle fügen, die ihnen die Gesellschaft zugedacht hat. Daran hat sich in den letzten zehn Jahren offenbar wenig geändert.

Die Lust der Frauen (Österreich 2012), Regie: Gabriele Schweiger

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