Licht, Sand, Haut

Die Fotografien des im März 2021 verstorbenen Fotografen Klaus Ender sind heute ein Stück Zeitgeschichte. Wir erinnern uns an die Anfänge seiner großen Karriere.

Fotos: Klaus Ender

Als Bäcker verschlug es den jungen Klaus Ender 1963 auf die Insel Rügen, wo er erstmals mit FKK konfrontiert wurde. Zunächst fotografierte er Mädchen jedoch im Bikini. Dabei wurde er einmal von zwei Männern beobachtet, die sich in einem Fotoclub intensiv mit Fotografie befassten. Sie sprachen ihn an und meinten: „So wie du mit den Mädchen arbeitest, warum machst du keinen Akt?“ Ein bisschen erschrack er bei dem Wort. „Wie, ich soll den Mädchen sagen, sie sollen sich ausziehen?“ Doch der Gedanke ließ ihn nicht mehr los. Als er in einem Göhrener Cafe saß, schwebte ein Traumgirl – schlank, blond, mit sonnengebräunten Beinen, die in abgewetzten Hot Pants steckten – vorbei.

 

Diese Chance ergriff er, zahlte, lief ihr nach, erzählte ihr von seiner fotografischen Leidenschaft und der Tatsache, dass ihm genau so ein Modell wie sie fehle. Tags darauf verabredeten sie sich zum Fototreffen. Es stellte sich heraus, dass er mit diesem Modell quasi einen Hauptgewinn gezogen hatte. Sie war die Tochter eines Malers, gewohnt als Akt Modell zu stehen und völlig ungezwungen.

Am Strand angekommen legte sie ihre Kleidung ab. Er war noch beim Auspacken der Fotogeräte, als ihr Schatten auf ihn fiel. Aus der Hockstellung heraus, blickte er hoch – und sah vor sich die pralle Weiblichkeit. Dieser Anblick war zu viel für den jungen Aktfotografen. Plötzlich waren alle Ideen zur Bildgestaltung verflogen, sein Kopf wie leer. Stattdessen sagte ihr selbstbewusster Blick: „So, kleiner Fotograf, nun zeig mal, was du kannst …“ Jetzt musste er sich bewähren! Er ließ sie die Hände im Nacken falten, das Spielbein mittig vor das Standbein setzen und löste er ein paarmal aus. Dann vertage er die Aufnahmen auf den nächsten Tag. Er müsse sich erst ein Konzept erarbeiten, das ihrem Erscheinungsbild gerecht werden würde. Erstaunt fragte sie: „Das war alles…?!?“

Ja, er konnte ihr ja schlecht sagen, dass ihn ihr Anblick aller Ideen beraubt hatte. Die halbe Nacht sann er nun darüber nach, wie sein Konzept aussehen sollte. Als es draußen schon dämmerte, kam ihm die Lösung: Er wolle künftig die Nacktheit total ausblenden, den Körper als Materie sehen, dessen Anatomie und Hautstruktur durch Lichtführung und Schatten modelliert wurde. Es funktio­nierte. Erst in der Dunkelkammer, als die Bilder Gestalt annahmen, wurde ihm wieder bewusst, dass vor ihm sein erstes Aktmodell gestanden hatte, wie der liebe Gott es geschaffen hatte.

Als er im Mai 1964 in Dranske auf Rügen seinen Job als Saisonbäcker antrat, ahnte er nicht, dass der „Sommer seines Lebens“ vor ihm lag. Wochenlanges Hochdruckwetter mit Wassertemperaturen bis 23 Grad ließen den Aufenthalt am FKK-Strand Bakenberg- Nonnewitz zu einem einmaligen Erlebnis werden. Nachts arbeitete er als Bäcker und schon am späten Vormittag radelte er täglich mit einem geborgten Fahrrad zum 6 km entfernten Strand. Mit etwa 50 schönen, selbstbewussten, gebräunten Mädchen auf weißem Sand, inmitten verstreut liegender Findlinge, in den Dünen und unter Kiefern entstanden – bei sparsamsten Filmverbrauch – etwa 600 Bilder im Mittelformat.

Alle bekannten Zeitschriften und Magazine „bombard­ierte“ er mit seinen Bildeinsendungen, und ein Jahr später – noch als Amateur – erschien sein erster Akt in der beliebtesten DDR-Zeitschrift DAS MAGAZIN. Die Veröffentlichungen mehrten sich zusehends. Über 100 Akt- und Landschaftsaufnahmen aus dieser Amateurzeit wurden nach und nach veröffentlicht.

In dieser Zeit reifte in ihm der Plan, eine umfangreiche Fotoausstellung dieser Thematik zu machen. Als Gründer und Leiter des Fotoclub Sassnitz trat er an die Abteilung Kultur des Rates der Stadt heran. Seine Idee war allerdings nicht im Sinne des real existierenden Sozialismus und sein Ansuchen wurde abgelehnt.

Am 10. Mai 1966 erhielt er auf Grund seiner fotografischen Leistung immerhin die Zulassung für frei­schaffende journalistische Tätigkeit. Er zog (mit 5 Koffern Besitz) ins Seebad Binz, wo nun seine freiberufliche Tätigkeit begann. Kein 10-Stunden-Tag mehr in Hitze und Staub, keine Nachtarbeit, kein Chef, keine Bevormundung – unendlich frei.

Im Durchschnitt hatte er jährlich 50 Modelle. Aus den „Nicht-10-Stunden-Arbeitstagen“ wurde zwar meist nichts, aber alles andere trat ein. Er fotografierte an den schönen Tagen (meist selbst splitternackt) am Strand. An Schlechtwettertagen wurden Filme und Bilder entwickelt und Sendungen an die Redaktionen zusammengestellt.

In Séparée No.30 zeigen wir zahlreiche seiner Aktfotos und erzählen, wie Klaus Ender der Durchbruch seiner Karriere gelang.

 

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