Das Zepter der Nachttischschublade

Der Dildo ist längst keine Errungenschaft der sexuellen Revolution, sondern seit Urzeiten ein treuer Begleiter der Menschheit.

Text: Tania Nowak

Jeder kennt ihn, viele haben ihn. Oft Tabuthema und dennoch mindestens genauso oft fester Bestandteil der Nachttischschubladen unseres Planeten – der Dildo. Er ist das Zepter der Selbstbefriedung und findet selbstverständlich auch im gemeinsamen Liebesspiel begeisterte Anwender*innen. Dabei ist er längst keine Errungenschaft der sexuellen Revolution, sondern seit Urzeiten ein treuer Begleiter der Menschheit.

Die Evolution des Dildos

Dildos gibt es in verschiedensten Farben, Formen, Größen und aus den unterschiedlichsten Materialien. Die Elektrizität und die Entwicklung der Batterie öffneten die Tür für den ebenfalls allseits bekannten und nicht weniger beliebten Vibrator. Die Kreativität der Entwickler*innen scheint hier kaum Grenzen zu kennen. So unterschiedlich die Vorlieben der Anwender*innen, so komplex die Vielfalt der phallusartigen Toys, die es heutzutage gibt.

Doch wann und wo hat der Dildo als Liebesspielzeug seinen Ursprung? Seine Spuren finden sich auf dem gesamten Erdball. Verfolgt man seine Entwicklung zurück, so wurden die ersten bekannten Exemplare schon im Altertum benutzt, wobei ein Lustspender sogar aus der Zeit um 26.000 v. Chr. stammen soll. Er ist aus Stein, etwa 20 cm lang und mit zahlreichen Verzierungen versehen. Ob dieser altertümliche Dildo bereits zur Selbstbefriedigung verwendet wurde, ist jedoch nicht nachgewiesen. Anders verhielt es sich bei den Ägyptern. Malereien zeigen eindeutige Motive mit Dildos in verschiedenster Anwendung. Die ersten Exemplare waren vermutlich aus Ton. Aus dem alten Griechenland (etwa 500 v. Chr.) gibt es Artefakte aus Holz, welche eindeutig dem Aussehen eines Dildos entsprechen. Aufzeichnungen zu Folge wurden diese zur Benutzung mit Leder überzogen und als sogenannte „Olisbos“ (ólisbos, olisthánein „rutschen, gleiten“) bezeichnet. Sie wurden mitunter auch aus Glas und Ton gefertigt und konnten mit warmem Wasser oder warmer Milch gefüllt werden, um eine möglichst authentische Lusterfahrung zu simulieren. Es ist sogar belegt, dass mit diesen antiken Dildos Handel getrieben wurde.

Dildos kamen weltweit zum Einsatz. In Polynesien zum Beispiel nutzte man natürliche Ressourcen wie etwa Bananen oder andere Früchte, aber auch hier war Holz ein gängiges Verarbeitungsmaterial. In China fand man alte Exemplare aus Jade oder Elfenbein. Ab dem Mittelalter, als in Europa die Kirche immer größeren Einfluss gewann, wurde offen gelebte Sexualität immer stärker verpönt und tabuisiert. Diese Tabuisierung hielt sich bis weit ins 18. Jahrhundert. Man berichtete sogar von Hinrichtungen aufgrund der Anwendung von Dildos und anderen Sexspielzeugen während der Inquisition. Dennoch ließen sich viele Menschen den Spaß nicht verbieten. Der Dildo überlebte diese konservative Epoche und feierte schon bald seine Renaissance. Auch der technische Fortschritt sollte seine Erfolgsgeschichte weiter vorantreiben. Schließlich feierte der Ersatzphallus seine Wiedergeburt in Form des allseits beliebten Vibrators.

Die motorisierte Revolution

Der Vibrator machte seine ersten Gehversuche während der industriellen Revolution gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Ironischerweise tauchte das erste handliche Exemplar im damals eher als prüde bekannten England auf. Es war angelehnt an ein deutlich sperrigeres Modell aus den USA, welches auf den Namen „Manipulator“ hörte und nur in Kombination mit einer passenden Liege funktionierte. Dr. Joseph Mortimer Granville entwickelte in Anlehnung daran den von ihm damals so getauften „Hammer“. Er sah aus wie eine Art Bohrer mit einer Kugel an der Spitze, welche auf Knopfdruck sanft zu ruckeln anfing. Betrieben wurde Granvilles Lustwerkzeug mit einer koffergroßen Batterie. Dies machte das Gerät vergleichsweise handlich und gleichzeitig tauglich für den mobilen Einsatz. Der Hammer diente jedoch ursprünglich einem ganz anderen Zweck. Man beabsichtige damit Muskelverspannungen bei vorwiegend männlichen Patienten zu behandeln. Granvilles Kollegen*innen hatten jedoch andere Ideen und rissen ihm seine neue Erfindung buchstäblich aus der Hand. Sie wollten damit die sogenannte „weibliche Hysterie“ behandeln. Dies bedeutete das Ende für die anstrengenden und bisher mit purer Muskelkraft durchgeführten Klitorismassagen. Ziel der Behandlungen war das Herbeiführen einer sogenannten „hysterischen Krise“, womit nichts anderes als ein Orgasmus gemeint war.

Granvilles Hammer feierte große Erfolge. Viele Frauen der gehobenen Schichten pilgerten zu Medizinern, um sich ihre spezielle Behandlung abzuholen. Es dauerte nicht lang und die kleinen Ruckelmaschinen gehörten zur Grundausstattung einer jeden renommierten Arztpraxis. Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts hielten erste Modelle Einzug in die Privathaushalte der wohlhabenden Oberschichten. Nicht zuletzt veränderten auch die Erkenntnisse zum weiblichen Orgasmus des Psychologen Sigmund Freud das Selbstbild vieler Frauen, vor allem im Umgang mit der eigenen Sexualität. Das Spiel mit der Lust wurde langsam, aber sicher salonfähig. Die goldenen 1920er Jahre, in denen Wohlstand und Hedonismus zum Aushängeschild der Gesellschaft wurden, bescherten dem Vibrator schließlich den finalen Durchbruch. Werbekampagnen und Massenproduktion gaben ihm eine breite Bühne. Bald war er aus vielen Schlafzimmern nicht mehr wegzudenken. Seine Relevanz hat der kleine elektrische Spaßmacher bis heute nicht verloren. Ständig wird daran designed, experimentiert und getüftelt, was mittlerweile eine schier endlose Palette unterschiedlichster Vibratoren hervorgebracht hat. Gerade auf dem Gebiet der klitoralen Stimulation wurde in jüngster Zeit fleißig entwickelt, wobei der gute alte Dildo manchmal kaum wiederzuerkennen ist.

Innovative Technologien

Zwei spezielle Modelle stechen hier besonders heraus: Druckwellenvibratoren und Auflegevibratoren. Beide haben vieles gemeinsam. Der Auflegevibrator ist quasi der Pionier unter den klitoral stimulierenden Vibratoren. Die meisten Geräte empfinden die Form der Vulva nach und werden auf das Schambein gelegt. Einige kann man sogar wie eine Art Slip tragen. Sie erzeugen Vibrationen im Bereich der Klitoris und sind oft sehr angenehm leise, so dass sich die Anwenderin ganz dem Moment hingeben kann, ohne ein nerviges Surren im Hintergrund zu hören oder die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Viele Geräte können heute auch ferngesteuert werden, was im Liebesspiel miteinander für spannende Momente sorgen kann.

Der Druckwellenvibrator ist eine relativ neue Entwicklung. Das Toy besitzt eine Öffnung, welche auf die Klitoris gesetzt wird und sich dann leicht ansaugt. Es entsteht ein Vakuum in dem kleinen Hohlraum, der nun die Klitoris umschließt. Ein Mikroprozessor erzeugt dann leichte Druckwellen, die ausschließlich die Klitoris stimulieren, je nach Typ in unterschiedlichen Stärken und Mustern.

Die Geschichte des Dildos von der Frühzeit bis zu Vibratoren, die über Tausende von Kilometern ferngesteuert werden können, ist eine spannende Reise durch Zeit und Gesellschaft. Sie illustriert die Kreativität der Menschheit, für die die Sexualität immer ein Katalysator gewesen ist. Das heißt, wir dürfen gespannt sein, welche angenehmen Überraschungen auf uns mit Blick auf Digitalisierung und Mikrotechnologie in der Zukunft erwarten.



Nützliche Informationen zu Anwendung, Kauftipps und Produktvergleichen finden Sie auf www.dildo-welt.info

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