Kühlschrank- und andere Türchen

Adventskalender voller Sextoys: Sind sie ihr sattes Geld wert oder kann man sich die Sache sparen? Ein Testbericht.

Text: Helena Klingler

Dieses Jahr ist die Weihnachtszeit bei mir mal ganz anders und das nicht nur coronabedingt. Zwar verbringe auch ich aufgrund der leidigen nationalen Ausnahmesituation viel mehr Zeit als sonst Zuhause, aber weniger das WO als vielmehr das WAS, macht diese Adventszeit für mich ungewöhnlich interessant. Dieses Weihnachten hängen die Kugeln nicht am Baum – sie befinden sich in meiner Vagina. Denn neben 23 anderen Überraschungen hat mein Adventskalender in diesem Jahr auch Liebeskugeln im Repertoire — er stammt von einem bekannten Online-Erotikhändler.

Vierundzwanzig verschieden große Pakete warten diesen Dezember darauf von mir und meinem Freund ausgepackt zu werden. Einige sind es bereits, andere warten noch – dem Datum geschuldet – hinter ihren kleinen Türchen auf ihre wahre Bestimmung. Mein bisheriges Fazit: schon spannend und auch sexy, was sich da offenbart. Aber wenn ich ganz ehrlich bin, ist nicht jedes Türchen ein Volltreffer – vermutlich auch nicht jedes zweite. Angefangen hat es ziemlich vielversprechen, nämlich mit einem rosa Vibrator, der mit stattlichem Umfang und verschiedenen Vibrationsstufen ausgerüstet meinem kleinen lila Freund in der Nachttischschublade nun das Revier streitig macht. Auch das mit Gleitgel befüllbare Silikonei (wendbar und auf der einen Seite genoppt, auf der anderen gerippt) für den männlichen Adventskalender-Nutzer finde ich spannend. Weniger angetan war ich von der Tube mit Intimwaschgel. Ja, schon klar, Hygiene ist wichtig. Aber da ich in den bisherigen fast fünfundzwanzig Jahren meines Lebens tatsächlich bereits das ein oder andere Mal Intimhygiene auf herkömmliche Weise praktiziert habe – mit durchaus akzeptablen Resultaten – habe ich meine Zweifel daran, dass sich dieses Produkt für mich durchsetzen wird. Ich habe den Verdacht, dass es sich hier nicht um den Preis-Leistungssieger der Stunde handelt. Aber gut, vielleicht bin ich auch einfach etwas zu kritisch, etwas zu verwöhnt. Vielleicht bin ich einfach die kleine Prinzessin auf der Erbse, die dauerhaft bespaßt werden will. Es kann ja nicht jede Pommes ein Curly fry sein. Denn wäre dem so, dann wäre die Curly-Fries-Aktie auch ganz schnell wieder im Keller – das Gesetz von Angebot und Nachfrage. Vielleicht ist es unter diesem Aspekt betrachtet sogar ganz clever vom Hersteller, hinter manchen Türchen Papaya-Gleitgel zu platzieren, welches mein Freund und ich in stillem Einvernehmen aus dem Schlafzimmer und hinein in den Kühlschrank zu den anderen Marmeladen verbannen können. Auch solche Entscheidungen schweißen als Paar zusammen.

Doch Spaß beiseite. Ich muss ehrlich sagen, sich einen Sexspielzeug Adventskalender in diesem eher abwechslungsfreien Corona-Winter zuzulegen, war schon eine gute Idee. Zwar ist nicht jedes Präsent eine Wucht, aber gemeinsam zu lachen – egal über was – kann diese Adventszeit auch im Schlafzimmer nicht schaden. Der Kalender ist zwar recht teuer, aber es sind auch durchaus einige heiße Teile dabei. Besonders für Paare oder Singles, deren Nachttischschränkchen in diesem Bereich noch recht jungfräulich ist, bringt der Kalender frischen Winterwind. Und wenn mich die nächsten Tage die Virus-Angst nochmal packt, dann verbleibt mir jetzt immerhin die Hoffnung, dass sich anstatt eines hochwertigen und neuen Lovetoys hinter dem nächsten Türchen doch noch ein hochpotentes Desinfektionsmittel befindet, dass ich dann zweckentfremden und mit sicherem Gefühl in der Handtasche deponieren kann.

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