Text: Ines Witka
Fotos: Yevgeniy Zateychuk/stock.adobe.com
Reale Vergewaltigungen sind nicht lustvoll, sondern traumatisch
Eines vorweg: Eine Vergewaltigung ist kein Sex, sondern sexualisierte Gewalt. Es ist die Inbesitznahme des Körpers gegen den Willen einer Person. Wenn eine Frau fantasiert, „vergewaltigt“ zu werden, entspricht dies keiner tatsächlichen Vergewaltigung. Der Mann ist in dem Setting der Mann ihres Begehrens und handelt nach ihren Anweisungen – er zieht die Ich-Figur an den Haaren, schlägt sie, fesselt sie und vieles mehr, doch er ist nie eine wirkliche Bedrohung! Seine Handlung verursacht keine physischen oder psychischen Schäden. Die Frauen, die in Studien angaben, dass sie die Vorstellung errege, zum Sex gezwungen zu werden, betonten ausdrücklich, dies nicht in der Realität erleben zu wollen.
Falls Sie also in ihrem Kopf auch solche Szenen entwerfen: Sie sind keine Ausnahme, wie die Zahl oben belegt. In meiner Romantrilogie „Theater der Lust“ ist Viktoria Stellvertreterin für die Frauen, die solche Fantasien beschämen. Sie sagt: „Von Zeit zu Zeit rufe ich sie, damit sie mich erregen, auch wenn sie brutal sind. Ich kann nicht damit aufhören. Sie sind wie eine Droge, die das Gehirn überschwemmt.“
Vielen Frauen geht es wie Viktoria. Sie schämen sich für dieses Setting und denken, dass etwas mit ihnen nicht stimmt. Im schlimmsten Fall glauben sie, an einer Vergewaltigung selbst mit Schuld zu sein. Doch Frauen mit solchen Fantasien werden nicht häufiger als andere Frauen Opfer einer Vergewaltigung. Deshalb wäre es besser, dem Kopfkino einen neuen Namen zu geben. Wie wäre es mit „Überwältigungsfantasie“?
Ursachenforschung
In einem Artikel in The Journal of Sex Research untersuchen der Psychologe Joseph W. Critelli und die Psychologin Jenny M. Bivona verschiedene Theorien für die Ursachen solcher Fantasien. Zum Beispiel, ob damit eine generelle Lust an Unterwerfung und Schmerz einhergeht, denn bei masochistisch veranlagten Frauen tauchen verstärkt Überwältigungsfantasien auf. Doch Masochismus liegt nicht in der Natur der Frau, wie es bis weit ins 20. Jahrhundert behauptet wurde. In der Gesamtbevölkerung liegt der Anteil an Masochisten lediglich bei 5 % bis 10 % Prozent und fällt somit als allgemein gültige Erklärung weg.
Eine weitere oft zitierte Theorie ist die „sexuelle Schuldvermeidung“, schließlich wurde und wird die weibliche Sexualität in fast allen Kulturen massiv unterdrückt. Sexuell aktive Frauen gelten heute noch als „Schlampen“ oder „Flittchen“. Um sich also wegen ihres Verlangens nicht schuldig zu fühlen, fantasiert Frau sich einen geilen Typen herbei, hat tollen Sex mit ihm, stellt jedoch für sich klar, dass die Ich-Figur, die das alles erlebt, keine Einwilligung gegeben hat. Problem gelöst!
Tatsächlich neigen Frauen, die Schuldgefühle haben, eher zu Überwältigungsfantasien. Dementsprechend müssten Frauen mit positiver Einstellung zur Sexualität eine geringere Tendenz dazu zeigen. Das Gegenteil ist jedoch der Fall. Je größer die Bandbreite sexueller Erfahrungen, desto vielfältiger die Fantasien, inklusive Überwältigungsfantasien. Außerdem erklärt die Schuldvermeidungstheorie nicht, dass die meisten Frauen beides mögen: Fantasien von einvernehmlichem und nicht einvernehmlichem Sex. Folglich kann sie nur für einen Teil der Frauen Gültigkeit haben.
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Wenn Sie sich für das Thema Überwältigungsfantasien interessieren, lesen Sie ausführlicher darüber in Séparée No.31. Und mehr zur Autorin finden Sie hier: www.ineswitka.de
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