Keine Angst vorm Klimakterium

Die Wechseljahre sind keine Krankheit, auch wenn sie oft so behandelt werden. Die wenigsten vermeintlichen Symptome finden ihre Ursache tatsächlich in der Veränderung des Hormonhaushalts.

Die Wechseljahre sind keine Krankheit, auch wenn sie oft so behandelt werden. Die wenigsten vermeintlichen Symptome finden ihre Ursache tatsächlich in der Veränderung des Hormonhaushalts. Ein genauer Blick darauf zeigt, dass die Angst vor den Wechseljahren unnötig ist.

 

Text: Irene Habich
Fotos: Kanea/stock.adobe.com

Wechseljahre - für jede anders

Susanne war 50, als bei ihr die Regelblutung aufhörte. Für sie ganz klar ein Einschnitt in ihrem Leben: „Als Frau gewöhnt man sich an die Periode. Als sie nicht mehr kam, habe ich sie auch eine lange Zeit vermisst.“ Dazu die Hitzewallungen: „Sie kamen so heftig, dass ich jede halbe Stunde einen Schweißausbruch hatte.“ Susanne war regelmäßig so durchgeschwitzt, dass sie ihre Kleidung ausziehen musste. Das Ganze hat sie als „psychisch sehr belastend“ empfunden. Eigentlich wollte sie die Wechseljahre auf natürliche Weise durchstehen. Dann sagte sie sich: „Das hältst du auf Dauer nicht durch.“ Susanne entschloss sich für eine Hormonbehandlung, später stellte sie auf pflanzliche Präparate um. Ganz verschwunden sind ihre Hitzewallungen nie. Die Wechseljahre hat Susanne insgesamt als „echte Krise“ erlebt, als eine Umbruchphase ähnlich der Pubertät: „Man muss sich neu orten und positionieren“.

Ganz anders ging es Maria. Die Wechseljahre hat sie für sich „als unerheblich empfunden“. Als ihre Regelblutung mit 51 Jahren endgültig ausblieb, war das für sie sogar eine große Erleichterung. „Ich hatte dann keine Angst mehr vor einer Schwangerschaft in diesem Alter.“ Auch sie litt unter Hitzewallungen, die ihr bei der Arbeit unangenehm waren. Andere Beschwerden hatte sie nicht. Ihr Arzt sagte ihr, es sei nicht notwendig, Hormone zu nehmen. Maria erinnert sich auch, dass sie während der Wechseljahre begann, selbstständiger zu werden, öfter allein zu Vorträgen oder ins Theater zu gehen. Später wurde ihr erstes Enkelkind geboren. Sie habe sich darauf konzentriert und so versucht, sich an die neue Lebenssituation anzupassen.

Maria und Susanne sind zwei Frauen, die ihre Erfahrung mit den Wechseljahren auf dem Portal gesundheitsinformation.de teilen. Wie ihre Geschichten zeigen, durchleben Frauen diese Phase ganz unterschiedlich. Ob und wie stark sie während der Wechseljahre unter Beschwerden leiden, hängt dabei von vielen Faktoren ab. Und anders, als man lange dachte, spielt der Hormonhaushalt dabei nicht immer die Hauptrolle. Denn viele Symptome, die lange als typische Wechseljahresbeschwerden galten, lassen sich dadurch nicht oder nur unvollständig erklären.

Nicht an allem sind Hormone schuld

Ab den Wechseljahren stellen die Eierstöcke nach und nach ihre Funktion ein. Der weibliche Körper produziert immer weniger vom weiblichen Sexualhormon Östrogen und die Regelblutung bleibt eines Tages aus. Hitzewallungen, Schlafprobleme, depressive Verstimmungen und Nervosität, Gelenk- und Muskelschmerzen, vermindertes sexuelles Verlangen und Scheidentrockenheit gelten als typische Wechseljahresbeschwerden und sollen angeblich durch einen Östrogenmangel verursacht werden. Dass diese Ansicht so verbreitet ist, ist auch einem in den 90er Jahren entwickelten „Diagnose-Hilfsmittel“ zum Erkennen von Wechseljahresbeschwerden zu verdanken.

Ärzte arbeiteten jahrzehntelang mit der sogenannten „Menopause-Rating-Scale“ (MRS), einer Liste, mit welcher alle diese Symptome abgefragt wurden. Frauen, die unter besonders vielen oder starken Beschwerden litten, sollten demnach von einer Behandlung mit Hormonen profitieren. Eindeutige Belege dafür, dass das medizinisch sinnvoll ist, fehlten allerdings. Und mit an der Entwicklung der MRS beteiligt waren neben wissenschaftlichen Instituten die Pharmafirmen Schering und Solvay Pharmaceuticals, beide Vertreiber von Östrogen-Präparaten. Der Test wurde dennoch in neun Sprachen übersetzt und weltweit angewendet.

Die neue Studie

Kerstin Weidner ist Direktorin der Klinik und Poliklinik für Psychotherapie und Psychosomatik am Universitätsklinikum der TU-Dresden. Die Professorin hat 2015 eine Studie veröffentlicht, die die Aussagekraft der MRS in Frage stellt – und damit vieles von dem, was man bis dahin über die Wechseljahre zu wissen glaubte. „Eines der Probleme mit der MRS ist, dass damit immer nur Frauen zwischen 45-65 befragt wurden“, sagt Weidner. „Das verzerrt die Aussagekraft. Denn wie oft Frauen dieser Altersgruppe im Vergleich mit anderen an bestimmten Symptomen leiden, lässt sich so nicht erfassen.“

Weidner legte den Test daher rund 1400 Frauen im Alter zwischen 14 und 95 Jahren vor, dazu 1200 Männern. Mit einem erstaunlichen Ergebnis: Nur zwei der darin abgefragten Symptome traten ausschließlich während der Wechseljahre auf, und zwar Hitzewallungen und plötzliche Schweißausbrüche. Andere körperliche Beschwerden wie Schlafstörungen, Herzleiden, Muskel- oder Gelenkschmerzen kamen nicht speziell während dieser Phase vor, sondern einfach nur häufiger mit zunehmendem Alter. Und zwar bei Frauen wie Männern gleichermaßen.

Nicht nur Frauen sind betroffen

Auch von Scheidentrockenheit und sexueller Unlust sind laut Weidners Befragung ganz einfach Frauen ab einem bestimmten Alter betroffen und nicht bloß solche in den Wechseljahren. Zudem beobachtet man auch bei älteren Männern Potenzstörungen und Lustlosigkeit – was das Sexualleben mit der Partnerin beeinflussen kann, weil sich die Frauen dadurch weniger begehrt fühlen. „Wenn die Lust zwischen Paaren während der Wechseljahre nachlässt, gibt es viele mögliche Ursachen, denen auf den Grund zu gehen sich vielleicht lohnt, nicht nur den veränderten Hormonhaushalt der Frau“, sagt Weidner.

Weidners Studie zeigte auch, dass Depressionen, Ängste und Nervosität während der Wechseljahre nicht häufiger als in anderen Lebensjahren auftraten. Eine veränderte Stimmungslage in dieser Zeit rein hormonell zu erklären wäre also falsch, sagt Weidner. Zwar reagiere die Psyche bei einigen Frauen stärker als bei anderen auf einen veränderten Hormonhaushalt. Auch könnten Frauen diese Lebensphase aus anderen Gründen als psychisch belastend empfinden. „Dass ein Östrogenmangel eins zu eins Depressionen hervorruft, kann aber nicht sein. Denn dann müssten sie deutlich häufiger in dieser Altersgruppe vorkommen.“

Was man nun aber gegen die tatsächlichen Symptome der Wechseljahre tun und wo man sich unabhängig beraten lassen kann, lesen Sie in Séparée No.25.

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