Wasteland findet seit 1994 zweimal jährlich in Amsterdam statt, seit 2011 außerdem einmal jährlich in Berlin. Alle Arten von Fetisch und Körperkunst außer Kampfoutfits (Gasmasken etc.) sind erlaubt, der Fokus liegt dabei auf dem Körper und seiner Schönheit. Kreativität und Fantasie in den Kostümen sind gern gesehen.
Text: Michaela Reifeland
Fotos: Renate Forster & Lisa Martin
Der Spaß beginnt schon Wochen bevor wir mit unserer kleinen Gruppe nach Amsterdam fliegen, zu unserer ersten Berührung mit der Fetisch-Unterwelt. Wir durchstöbern das Netz und etliche Boutiquen nach passenden Outfits, nach heißem Schuhwerk, in dem man trotz hoher Absätze eine lange Partynacht überlebt, nach der passenden Wäsche für drunter. Braucht man die überhaupt? Noch in Amsterdam durchkämmen wir die Sexshops nach einem Outfit für unseren männlichen Begleiter. Stunden bevor es losgeht, richten wir uns her, frisieren, schminken, schmücken uns. Hauptsache wir werden am Einlass nicht abgewiesen, die Door Bitches sollen unerbittlich sein und nur einlassen, wer angemessen gekleidet erscheint. Dann nehmen wir ein Taxi in den Industriepark außerhalb der Innenstadt. Verwirrt blicken wir uns in der Schlange am Einlass um. Falsche Location? Oder haben sich die Jogginghosen-Träger mit ihren enormen Sporttaschen vielleicht verirrt? Erstaunlicherweise werden auch die problemlos eingelassen. Innen wird klar warum. Im Vorraum der Garderobe geht es zu wie hinter den Kulissen einer Revue. Einige ziehen sich um, andere einfach nur aus, bis auf ein paar Lederriemchen, die die Nacktheit noch betonen. Es gibt einige Damen in barocken Kleidern, ein paar stattliche Gladiatoren und einige Paare mit buntem Bodypainting, aber die vorherrschende Farbe des Abends ist Schwarz. Das enttäuscht uns etwas. Die Federn und Roben, die wir vorher im Netz gesehen haben, gehörten zur Fashion-Show, begreifen wir nun. Schade eigentlich. Die Männer haben entweder einen nackten Oberkörper oder ein Leder-Outfit, untenrum sind sind sie oft so gut wie nackt. Einige sehen umwerfend aus, besonders die schwulen Kerle, aber so richtig unansehnlich ist niemand. Gleich beim Eintreten springt uns der erste Ständer an, der erste von zahllosen in dieser Nacht. Das haben wir so nicht erwartet. Aber es ist nie unangenehm oder gar bedrohlich. Alle sind freundlich und aufmerksam. Wir werden viel berührt, alle berühren einander, aber nie aufdringlich, sondern eher zärtlich an der Schulter, am Po, zwischen den Beinen. Unsere durchsichtigen Kleider scheinen gut anzukommen. Wir werden oft direkt angesprochen. Als ob sie uns um Feuer bäten, fragen die Männer charmant, ob wir nicht Lust zum Vögeln haben. Und gevögelt wird dort überall, in Gruppen auf der Tanzfläche oder ganz gelassen zu zweit am Rand. Oft jedoch in einer Gruppe aus einer Frau und mehreren Männern, denn letztere sind doch leicht in der Überzahl. Doch selbst wenn man ablehnt, bleiben die Männer freundlich und unterhalten sich ganz normal weiter. Wir sind erstaunt, wie elegant und geschmackvoll das Publikum insgesamt ist und über die guten Manieren, die vorherrschen. Niemand benimmt sich vollkommen daneben, alles geschieht in gegenseitigem Einverständnis. Es liegt auch niemand betrunken in der Ecke oder ist so zugedröhnt, dass es unangenehm auffällt. Auch lästige Gaffer fehlen. Wir sind beeindruckt, wie sinnlich und – man möchte es fast familiär nennen – Erotik und die Schönheit (halb)nackter Körper hier zelebriert werden.
Was uns hingegen fehlt, ist richtig gute Musik, zu der man richtig gut tanzen kann. Aber im September ist eine Wasteland Party in Berlin, da holen wir das mit Sicherheit nach. Und da erfolgt bestimmt auch nicht der knallharte Rausschmiss um 6 Uhr morgens. Und selbst wenn, dann wird woanders fleißig weitergefeiert. In Amsterdam geht man um diese Zeit einfach ins Bett.
Die Münchner Fotografinnen Lisa Martin und Renate Forster haben auf der Wasteland für Séparée fotografiert. Weitere Aufnahmen der legendären Fetischparty können Sie in Séparée No.5 bestaunen.
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