Die eigene Mitte finden

Die Erfahrung ihrer ersten Yoni-Massage berührte Michaela Hau nicht nur tief in ihrem Inneren, sondern sollte auch andere Veränderungen anstoßen.

 

Mit Mitte Dreißig hatte ich das Gefühl, ich lebte eine sehr „verhungerte“ Sexualität, die ich nur oberflächlich auslebte. Ich spürte, dass da mehr war, noch weitere Türen, die zu einem viel intensiveren Erleben führten. Nur wusste ich nicht, wie ich dorthin gelangen konnte. Dann stieß ich auf einen kurzen Bericht über die Yonimassage, die Tantramassage des weiblichen Intimbereichs. Er machte mich neugierig. Intuitiv spürte ich, dass sich hier ein Weg für mich auftat und vereinbarte kurzentschlossen einen Termin zur Yoni-Massage, bevor der Mut mich wieder verlassen würde.

 

Text: Michaela Hau
Fotos: photocase.com_emma75, S. Wolf

Ich buchte eine zweistündige Massage in einem seriösen Tantra-Institut und erschien frisch geduscht und unglaublich nervös. Eine sympathische Frau in Alltagskleidung empfing mich sehr freundlich und stellte sich als Katrin vor. Sie begrüßte mich in ihren Räumlichkeiten, die mit ihren sanften Farben und einem beruhigend plätschernden Brunnen Wärme und Geborgenheit ausstrahlten. Im Raum befand sich unter anderem eine Massagebank, auf der eine Feder, ein weiches Fell und eine Perlenkette lagen. Wir setzten uns in eine Sitzecke, und Katrin bot mir etwas zu trinken an. Zunächst sprach sie über die Yonimassage, und wie sie dazu kam. Langsam fiel die Nervosität von mir ab. Sie stellte mir viele Fragen rund um meine Sexualität, und wie ich zu meinem Körper stehe. Mich erstaunte sehr, was die Fragen in mir bewegten, so hatte ich mir noch nie Gedanken über mich gemacht: Wie mag ich gerne berührt werden? Welche Stellen fühlen sich gut für mich an? Was mag ich besonders gern? Diese Fragen wirkten noch lange nach – letztendlich bis heute durch einen achtsameren Umgang mit mir selbst. Katrin erklärte mir, dass die Antworten für sie hilfreich seien, um die Massage perfekt auf mich abzustimmen, aber auch dafür, um in mir Gedankenprozesse anzustoßen. Nach dem ca. 30-minütigen Vorgespräch war ich sehr neugierig auf die eigentliche Massage. Jetzt wollte ich es wirklich wissen!

Katrin bat mich, meine Kleider abzulegen und das bereitgelegte Tuch umzulegen, während sie den Raum verließ, um auch mit einem Tuch um den Körper gewickelt zurückzukehren. Wir setzten uns einander gegenüber. Sie forderte mich sanft auf, meine Hände in ihre zu legen. Wir schlossen die Augen, um eine Körperreise zu unternehmen, wobei sie mich bat, den Alltag vor der Tür zu lassen und ganz im Hier und Jetzt anzukommen. Nach einigen tiefen Atemzügen fragte sie mich um Erlaubnis, meinen Körper berühren zu dürfen, überall und ohne Ausnahme. Mir war klar, worauf diese Frage zielte, aber es war plötzlich so natürlich, dass diese Berührung hier und jetzt geschehen konnte, und so sagte ich aus tiefstem Herzen: „Ja, Du darfst mich überall berühren“. So achtsam hatte mich noch nie jemand gefragt.

Ich legte mich nackt auf den Bauch. Die Unterlage war angenehm warm, denn ich lag auf einer Heizdecke. Katrin deckte mich zusätzlich mit einem dünnen Tuch zu. Im Hintergrund spielte ruhige, sinnliche Musik. Von den folgenden Berührungen konnte ich kaum genug bekommen: langsame, lange Körperstriche über dem Tuch, später direkt auf meiner Haut, vom Kopf bis zu den Fußspitzen und wieder zurück. Nie schnell, nie oberflächlich, immer fühlte ich die Präsenz ihrer Hände auf meinem Körper, mal nur die Hände, mal ihre Unterarme und manchmal spürte ich auch die Weichheit ihrer Brüste, aber immer blieben ihre Berührungen unaufdringlich. Es wurde keine Körperstelle ausgelassen, aber auch keine über Gebühr bearbeitet. Als sie das Tuch langsam, fast spielerisch entfernte, streichelte sie mich zuerst mit der Feder auf dem ganzen Körper. Schließlich bewegte sie das Fell behutsam über mich und abschließend die Perlenkette. Sie fühlte sich viel sinnlicher an, als wenn man sie als Schmuckstück um den Hals trägt. Ich fühlte mich elektrisiert und gleichzeitig hatte ich das Gefühl, wohlig zu verfließen. Raum und Zeit spielten keine Rolle mehr. Katrin flüsterte mir ins Ohr, dass durch die vielen verschiedenen Materialien die Haut sensibilisiert werde und die Sinne geschärft. Irgendwann musste sie sich auch ihres Tuches entledigt haben, denn wir beide waren nun nackt. Dennoch fühlte ich mich sicher, spürte deutlich, dass ich hier keine „Anmache“ zu befürchten hatte. Es ging nur darum, sich auf gleicher Ebene zu begegnen, was einem tantrischen Grundprinzip entspricht.

Dann ließ Katrin auf unglaublich sinnliche Weise warmes Öl über meine Haut laufen. Sie massierte meine Kopfhaut, meinen Rücken und schließlich die Pobacken. Seit diesem Tag weiß ich eine Massage der Sitzbeinhöcker wirklich sehr zu schätzen. Sie erklärte mir, dass hier der erste „Yoni-Öffner“ sitzt. Von Scham spürte ich zu diesem Zeitpunkt schon lange nichts mehr in mir. Vielmehr fragte ich mich, warum ich nicht schon viel früher zur Yoni-Massage gegangen war. Nachdem Katrin auch meine Beine und Füße massiert hatte, bat sie mich, mich auf den Rücken zu drehen. Zunächst deckte sie mich wieder mit dem Tuch zu.

Es folgte eine wunderbare Gesichtsmassage inklusive Nacken. In langen Körperstrichen bewegte sie ihre Hände zuerst wieder auf dem Tuch und später ohne Tuch über meinen Körper. Dabei sparte sie auch meinen Venushügel und die Brüste nicht aus. Sie ließ Feder und Fell auf mir tanzen. Dann spürte ich warmes Öl auf meinen Brüsten. Ein zartes Streichen, so wie ich es mir im Vorgespräch gewünscht hatte, ließ mich angenehm erschauern. Unermüdlich berührte sie meine Brüste: Mal strich sie eine große Acht um beide Brüste, mal malte sie große und kleine Kreise mit dem Öl und zupfte auch mal an den Brustknospen. Ich spürte die Liebe und Hingabe, mit der sie ihre Arbeit macht, wobei sie jedoch immer den gebührenden Abstand wahrte, den die Seriosität verlangt. Eine Woge des Glücks schwappte über mich. Ich weinte kurz vor Ergriffenheit.

Beseelt lag ich da, Glücksgefühle umspülten mich, ich spürte in mich und meinen Körper. Ab und an fragte Katrin mich, ob es so angenehm sei, und wenn ich mit ja antwortete, fragte sie, ob es noch schöner sein könnte: Ja. Nein. Ich war im Paradies angekommen. Sie erklärte mir später, dass es öfter vorkomme, dass die Massierte so berührt sei, dass sie weinen müsse, was sie aber in ihrem Tun nicht abschrecke. Vielmehr sei es für sie ein Signal gewesen, dass sie auch mich tief im Inneren berührt hatte, und sie auf dem richtigen Weg war …

 
 

Den vollständigen Artikel lesen Sie in Séparée No.11.

Michaela Hau ist heute Gesundheitspraktikerin BfG für Frauencoaching und Massagen, begleitet seit 2008 Frauen auf ihrem Weg zu ihrer Weiblichkeit und Sexualität mit Massagen, Vorträgen, Workshops und Seminaren.
www.achtsame-yonimassage.de

 

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