Schnelle Hilfe bei Verhütungspannen

Die Pille danach gibt es seit Frühjahr 2015 rezeptfrei. Wir ziehen ein Fazit.

Das Kondom platzt, man hat die Pille vergessen oder einfach völlig ungeplant Sex: Verhütungspannen passieren. Dann ist sie da, die Angst vor den Folgen. Früher gab es nun genau zwei Möglichkeiten. Man ließ es drauf ankommen, und konnte das Resultat vielleicht neun Monate später im Babywagen spazierenfahren. Oder man eilte noch in derselben Nacht zur Notambulanz – und ließ sich die Pille danach verschreiben. Heute ist das anders. Seit einem Jahr gibt es die Pille danach nun ohne Rezept.

 

Text: Irene Habich
Foto: DingDong – Fotolia.com

Keine Frage: Viele Frauen dürften erleichtert gewesen sein, im Notfall schnell und unkompliziert an das Mittel zu kommen. Doch der Verkauf ohne Rezept birgt auch Risiken für betroffene Frauen – wenn sie nicht richtig beraten werden.

Klar ist, seit es die Pille danach ohne Verschreibung gibt , haben sich die Verkaufszahlen drastisch erhöht. Und sie scheinen immer noch weiter anzusteigen. In den ersten Monaten nach der Aufhebung der Rezeptpflicht wurden 40 Prozent mehr Pillen danach als im Vorjahreszeitraum verkauft. Ende 2015 waren es schon fast 50 Prozent mehr als noch im Jahr zuvor.

Erstaunlicherweise sehen sich Kritiker wie Verfechter der Freigabe gleichermaßen durch die Zahlen bestätigt. Viel zu oft werde die Pille danach verkauft, sagen die einen. Der hohe Absatz sei der Beweis: In den Apotheken würde schlecht beraten – und selbst solchen Frauen die Pille danach ausgehändigt, die sie eigentlich gar nicht benötigen würden.

Befürworter halten dagegen: Glaubt man ihnen, war die Pille danach früher zu schwer zu bekommen. Vielen Frauen habe das unnötige Ängste oder ungewollte Schwangerschaften beschert.

Schon im Vorfeld der Freigabe war heftig debattiert worden. Einwände hatte zum einen die katholische Kirche, die deutsche Bischofskonferenz äußerte „schwerwiegende Bedenken‟ gegen die Abgabe ohne Verschreibung. Dabei hatten grade die Katholiken gute Argumente für die Entlassung aus der Rezeptpflicht geliefert. So hatten katholische Krankenhäuser die Pille danach aus Prinzip nicht verschrieben. Selbst die Versorgung vergewaltigter Frauen wurde von zweien solcher Kliniken abgelehnt – damit sie ihnen nicht die Pille danach anbieten mussten. Erst seitdem es dieser Skandal in die Zeitung schaffte, lassen katholische Krankenhäuser bei Vergewaltigungsopfern „Ausnahmen‟ zu.

Auch konservative Politiker haderten mit dem Thema, ebenso waren Medizinerverbände dagegen. Nur Ärzte könnten Frauen nach einer Verhütungspanne richtig beraten, wurde argumentiert. Auf der andere Seite tratenFeministinnen für die Freigabe ein. Manch eine von ihnen sieht selbst noch darin eine Bevormundung, wenn man Frauen beim Kauf der Pille ausführlich berät. Dabei macht das medizinisch absolut Sinn. Auch die Organisation Pro Familia war vehement für die Aufhebung der Rezeptpflicht eingetreten. Unterstützt wurde der Plan zudem von den Apothekern, die sich Verkauf und Beratung ohne Weiteres zutrauten.

Ideologische Gesinnungen prallten genauso aufeinander wie Eigeninteressen, so war die Debatte nicht immer leicht zu durchschauen. Aus demselben Grund ist es auch kein Wunder, dass sich die Lager nach wie vor unversöhnlich gegenüber stehen. Und dass beide versuchen, die erhöhten Verkaufszahlen in ihrem Sinne zu deuten.

„Sehr kritisch‟ sieht zum Beispiel Birgit Seelbach-Göbel die Situation, sie ist Vizepräsidentin der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG). Der Verband war von Anfang an gegen die Freigabe gewesen. Dass nun deutlich mehr Frauen als vorher die Pillen danach kaufen, liege daran, dass die in der Apotheke – anders als beim Arzt – nicht ausreichend informiert würden, sagt Seelbach-Göbel. „Die gestiegenen Verkaufszahlen zeigen, dass anscheinend nicht fachgerecht beraten wird. Ich bin überzeugt, dass viele Frauen deshalb unnötigerweise die Pille danach einnehmen und finde das nicht richtig.‟ So sei es selbst nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr nicht immer nötig, das Hormonpräparat einzunehmen. Vielmehr sei es wichtig, den Zyklusstand zu berücksichtigen. Frauen nähmen überflüssigerweise die Pille danach und riskierten dabei Nebenwirkungen wie Übelkeit, Bauchschmerzen und Kopfweh. So würden mit dem Verkauf Geschäfte gemacht, von der Freigabe profitieren tue „vor allem die Pharmaindustrie.‟

 
 

Den vollständigen Artikel sowie Wissenswertes zur Wirkweise der erhältlichen Präparate lesen Sie in Séparée No.9.

 

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