Text: Séparée
Ich liege in der Hängematte und döse. Mein rechter Fuß stößt sich träge vom Boden ab. Es ist heiß. Angeblich der heißeste Tag des Sommers. Woher wissen die das? Der Sommer hat doch gerade erst angefangen. Wenn es nach dem Zierahorn und den Funkien geht, die meine Terrasse zieren, könnte der Sommer heute vorbei sein. Sie leiden. Mehr als lebenserhaltende Maßnahmen geht schon lange nicht mehr. Zu trocken. Auch das noch. Ich beneide die Frösche, die sich in der grünen Grütze im Garten gut gekühlt im Schatten der Seerosen treiben lassen. Frosch müsste man heute sein. Offenbar haben sie sogar noch Energie, sich zu besteigen. Vielleicht sieht es aber auch nur so aus, weil mir die Augen zufallen. Die Hitze hat meine Produktivität gegen Null gesenkt. Mehr als dösen ist nicht drin. Zu heiß zum Ficken. Träume ich diesen Satz schon? Den hab ich doch schon einmal gehört. Das weiß ich genau. Eagles Pass, Texas. Juli-Tag gefühlte 20 Jahre her. Una G. auf Amerikatour. Mit einem Ami im Schlepptau oder ich bei ihm, wie man so will. Schließlich war es sein Wagen. Es war heiß. Aber in Texas ist es im Sommer immer heiß. Das war zu erwarten. Was nicht zu erwarten war, war, dass man uns an der Grenze nach Mexiko nicht passieren lassen würde. Irgendwas wegen irgendeiner Kreditkarte, die ich hatte, aber nicht der Halter des Fahrzeugs, der er war. Hätte ich mal in der Schule Spanisch genommen statt Französisch. Dann hätte ich vielleicht verstanden, was die Grenzer von uns wollten. Aber warum sprach eigentlich keiner Englisch? Offenbar scherten sich die Amis nur um die Einreisenden. Gehen durfte, wer wollte. Nur wir nicht. Wahrscheinlich hätte es statt einer Kreditkarte einfach ein Scheinchen für den Grenzbeamten getan. Vielleicht war dem auch einfach heiß und langweilig und er hatte seinen Spaß daran, zwei als Hippies verkleidete Restteenager auf die Schippe zu nehmen und sich dabei noch ein kleines Trinkgeld zu verdienen. Aber wir verstanden den Code nicht, wenn es denn einen gab. Ein Vorbeikommen gab es auf jeden Fall nicht. Irgendwer riet uns, es am nächsten Tag noch einmal zu probieren. Wir also das nächstbeste Motel gesucht. Vielleicht gehörte es ja dem Bruder des Grenzbeamten. Später, wenn man größer ist, kommt man auf solche Schlüsse. Mit 19 ist die Welt noch ziemlich heil. Meistens. Im Zimmer war es heiß und stickig. Die Klimaanlage ratterte auf Hochtouren, aber nicht hochtourig. Wir lagen auf dem Bett, nackt, denn jedes weitere Kleidungsstück war zu viel. Irgendwie mussten wir den Tag rumkriegen, der draußen mit 40°C vor sich hinbullerte. „Sex?“, warf ich mal so in die Zweierrunde. Müde dreht der Ami seinen Kopf zu mir: „Zu heiß zum Ficken“. Sein bestes Stück lag so matt auf seinem Oberschenkel wie er auf dem Bett. Aber da war er, mein Satz. Dort hatte ich ihn schon einmal gehört. In Eagles Pass, Texas. Vor Langeweile überlegten wir zu heiraten, dann hätten wir das Problem mit der Kreditkarte und dem Auto gelöst. Dachten wir uns so. Aber wir waren zu träge zum Aufstehen. Am nächsten Tag hatten wir mehr Glück an der Grenze. Sie ließen uns durch. Der Rest ist eine andere Geschichte.