Himmel auf Erden & Hölle im Kopf

Was bedeutet Sexualität für uns Menschen? Dieser Frage nimmt sich der klinische Sexualpsychologe Dr. Christoph Joseph Ahlers in seinem jüngst erschienenen Buch "Himmel auf Erden & Hölle im Kopf" an. Denn Sex ist mehr als Erregung oder Fortpflanzung, sondern eine Form der Kommunikation. Paartherapeutin Julia Bellabarba hat mit Dr. Ahlers darüber gesprochen.

Text: Julia Bellabarba

Paartherapeutin Julia Bellabara führt an dieser Stelle eine Reihe von kollegialen Gesprächen mit verschiedenen renommierten Sexualtherapeuten über deren aktuelle Veröffentlichungen. Hier sprach sie mit Dr. Christoph Joseph Ahlers, klinischer Sexualpsychologe und Leiter der Praxis für Paarberatung und Sexualtherapie am Institut für Sexualpsychologie, Berlin.

(Autorenfoto: Urban Zintel)

 

Julia Bellabarba: Eine Sache, die mir sehr angenehm an Ihrem Buch aufgefallen ist: Sie bringen dem sexuellen Geschehen das Verständnis von Sprache entgegen. Sie verstehen also Sexualität als Kommunikation. Das ist also einerseits etwas sehr individuelles, persönliches, steht aber gleichzeitig auch unter einem gesellschaftlichen Normativ. Wo sehen Sie speziell ihre Aufgabe als Sexualtherapeut?

Christoph Joseph Ahlers: Ich bin kein Sprachwissenschaftler, sondern Sexualwissenschaftler. Es ist ein Missverständnis, davon auszugehen, dass wir die eine Sprache der Liebe lernen müssen, wie in der Volkshochschule das Spanisch. Es geht darum, dass wir uns etwas sagen, in dem wir miteinander schlafen. Das muss nicht immer der Fall sein, aber zumindest ist das oft so. Aber dafür, dass wir uns etwas sagen, haben wir kein Bewusstsein. Es wird nicht gedacht, dass das, was wir in sexueller Hinsicht tun, etwas mitteilt.

Man kann bekanntermaßen nicht Nicht-kommunizieren…

Und das gilt für das Verbale, genauso wie für die Körpersprache. Im Sexuellen können wir uns etwas sagen, was über Lust und Leidenschaft hinausgeht. Aber dafür existiert kein Bewusstsein. Wir kriegen beispielsweise nur die Auswirkungen davon mit, dass zum Beispiel einer sein Ding durchzieht, ohne den Anderen dabei in sexueller Hinsicht zu sehen, also im übertragenen Sinne davon, dass der andere innerlich wegguckt, sich abwendet, die Augen verschließt. Und dadurch fühlen wir uns ungesehen und damit auch nicht gemeint. Wir wissen aber meist selbst nicht genau, warum sich das so anfühlt, weil die für diese Botschaften, wie gesagt, kein Bewusstsein haben. Weil wir stattdessen darauf gedrillt werden, auf die sexuelle Funktion und Leistung zu achten, um „guten Sex“ zu produzieren.

Warum kommen Leute in Ihre Praxis?

In meiner Sprechstunde höre ich oft „Ich habe keine Lust auf Sex“. Wenn man es dabei belässt und die Sache sexualmedizinisch handhabt, dann wäre die resultierende Frage „Welche Hormone müssen gegeben werden?“ Damit versandet das Ganze auf der Ebene einer rein biologistischen Betrachtung der Stoffwechsel-Biochemie. Die aller wenigsten Sexualstörungen gehen allein auf körperliche Probleme zurück. In der Regel haben wir es mit einem Mischgeschehen aus körperlichen und psychischen und sozialen Bedingungen zu tun, die zusammen kommen und sich wechselseitig aufeinander auswirken, wenn etwas in sexueller Hinsicht nicht mehr klappt.

Außerdem beruht diese mechanistische Herangehensweise auf der Fehlvorstellung, dass sexuelles Verlangen die Voraussetzung für sexuelle Interaktion ist. Das wäre so, als könnte man nur gemeinsam etwas essen, wenn man als Voraussetzung dafür vollkommen ausgehungert ist. Das deckt sich nicht mit der Realität, in der die meisten Menschen regelmäßige gemeinsame Mahlzeiten zu sich nehmen, auch wenn sie nicht ausgehungert sind, sondern wenn sie Appetit haben, also nicht abgeneigt sind. So, wie es beim Essen nicht nur um Sättigung geht, sondern auch um eine Form des sozialen Miteinanders, so geht es auch beim Sex in Beziehungen nicht nur um Erregung und Lust, sondern vor allem auch um soziale Begegnung und Bedürfniserfüllung.

Eine weitere Fehlvorstellung besteht in der kindlichen Annahme, dass der Andere in mir sexuelles Verlangen erzeugen möge. Ob ich also Lust habe oder nicht, dass soll der andere in mir bewirken. Das Sterntaler-Motiv: Die Lust möge vom anderen bewirkt werden und auf mich hinabregnen und wenn es das nicht tut, dann ist Krankheit da, dann ab zum Arzt. Das ist keine realistische Vorstellung von partnerschaftlicher Beziehungssexualität, da spricht das Kind in uns, das sich wünscht, dass Märchen wahr werden.

Wie gehen Sie in der Sexualberatung vor?

Ich gucke zunächst mal, ob da eine Verbindung, eine Beziehung zwischen diesen beiden Menschen besteht. Gibt es noch sexuelle Kontakte und, wenn ja: haben sexuelle Kontakte Bedeutung? Meint das für jeden einzelnen etwas? All diese Dinge können sich die Patienten nicht selbst erschließen, sie tappen da allein im Dunkeln wie wir alle. Nicht weil sie dumm sind, sondern weil unsere Kultur dafür kein Bewusstsein vorsieht. Geht das, was sie miteinander austauschen, über Körperflüssigkeiten hinaus oder erschöpft sich die sexuelle Beziehung in wechselseitiger Selbstbefriedigung? Um dann die Frage zu stellen, was beide einander eigentlich sagen wollen, indem sie miteinander schlafen. Gibt’s da noch mehr, als Stimulation und Orgasmusproduktion?

Es geht also darum, das Wahrnehmen und dann – das ist der Prozess in der Art Sexualtherapie, die ich anbiete – künftig auch als bewusste Mitteilung im Sexuellen gestalten zu können. Also die eigene sexuelle Beziehung als Ausdrucksmöglichkeit der partnerschaftlichen Gefühle verstehen und mitteilen zu können.

Auf der anderen Seite ist Ihr Buch ja auch sehr pointiert in Hinblick auf den Machbarkeitswahn, zum Beispiel bei Kinderwunsch oder bezogen auf Viagra. Ich frage mich: steht für die Paare der Wunsch nach Intimität wirklich im Vordergrund? Oder ist der Besuch eines Sexualtherapeuten auch so eine „Serviceleistung“, die abgehakt wird?

Das Konzept, dass Sexualität unserer Kultur als Vorgang vermittelt wird, bei dem etwas geschieht, damit etwas dabei herauskommt, dieses Konzept ist ubiquitär. Sexualität wird so gelernt: wer A sagt, muss auch B sagen. Händchenhalten ist gleich küssen, ist gleich knutschen, ist gleich Petting, ist gleich Penetration, ist gleich Orgasmus. Eine automatisierte Kettenreaktion, so lernen wir das. Wenn das passiert, dann ist das Sex. Alles andere, was dem nicht entspricht, ist kein Sex. Darum kommen die Personen, die zu mir kommen, nicht mit einem bewussten Wunsch, sich von krankmachenden Leistungsanforderungen zu emanzipieren. Sondern sie kommen mit dem Reparatur-Wunsch: Klappt nicht mehr – soll wieder gehen! Eine innere Distanzierung, von der Vorstellung, dass immer alles funktionieren und klappen muss, fällt den meisten erstmal ziemlich schwer.

Was für Leute kommen denn in Ihre Praxis?

Diejenigen, die Sexualberatung und Sexualtherapie aufsuchen, sind eine hochselektierte Gruppe. Ich würde denken, dass von allen, die unter sexuellen Funktionsstörungen leiden, vielleicht ein Viertel Hilfe sucht. Drei Viertel leidet stumm, verschweigt, versucht zu ignorieren, leugnet, versucht zu verdrängen und Beziehungen erodieren und versteinern. Und von dem einen Viertel, das sich traut, Hilfe zu suchen, kommen dann manche tatsächlich auch in eine spezialisierte Praxis wie meine.

Viel niedrigschwelliger sind Beratungsstellen (Caritas, Pro-Familia), da gehen noch relativ viele hin. Etwas größer ist der Anteil von Männern, die medikamentöse Hilfe bei Funktionsstörung suchen. Jeder Urologe hat gelernt: wenn Erektionsstörung als Begriff fällt, dann kommt die Verordnung von Viagra! Da erfolgt keinerlei Differenzialdiagnostik, da erfolgt niemals die Einbeziehung der Partnerin. Vor der Einführung des Psychotherapeuten Gesetzes, Ende der 90er, hatte der Berufsverband Deutscher Psychologen einen Claim, der hieß: „Arme Schlucker kriegen Pillen“. Der sollte zum Ausdruck bringen, dass Personen, die weniger Bewusstsein für psychosoziale Gesundheitsanteile haben, tendenziell auf der Pille hängenbleiben. Und so ist es eben generell, je bildungsferner, bewusstseinsferner ein Mensch lebt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass er mit Pillen abgespeist wird und nicht weiterkommt. Weil Medikamente in diesem Indikationsbereich in der Regel reine Symptom-Kompensation sind und eine passive, konsumierende Patientenrolle ermöglichen, nach der wir uns alle sehnen: Ich muss nichts machen – der Arzt behandelt mich und dann bin ich wieder gesund. Das ist eine Konsumentenhaltung, die echtes Gesundwerden erschwert oder fast unmöglich macht, die in der Körpermedizin aber verbreitet ist und in der Regel bedient wird.

Leute, die Sexualberatung in Anspruch nehmen, sind also tendenziell differenziertere Personen, die sich nicht davor fürchten, über sich und die Welt nachzudenken. Trotzdem sind sie von dem utilitaristischen, funktionalen Sexualitätskonzept unserer Gesellschaft geprägt, nämlich das „um zu-Prinzip:“. Ich mache bei dir A und du machst bei mir B, damit C rauskommt, damit wir zu D gelangen. Dieses Konzept ist da und zunächst mal geht es in meiner Herangehensweise darum, dieses zweckgerichtete Sexualitätskonzept zu reflektieren, dadurch zu relativieren und gegebenenfalls zu revidieren.

Konkret?

Ja, konkret. Es geht darum, den internalisierten Leistungsdruck, den die Menschen mitbringen, für sie sichtbar, spürbar und so bewusst zu machen, um dann ein Bewusstsein zu entwickeln, wie sie das, was sie füreinander empfinden, im Sexuellen ausdrücken können, ohne dass dabei etwas funktionieren, klappen und herauskommen muss. Gibt es für uns eine Möglichkeit, sexuell zu interagieren, zu kommunizieren, ohne, dass dabei zielgerichtete genitale Stimulation und Penetration zur Orgasmusproduktion im Vordergrund steht. Das ist der Reflexionsprozess, der die Paare darin unterstützt, sich von diesem krankmachenden und krankheitsaufrechterhaltenden sexuellen Leistungsanforderungen zu distanzieren und zu emanzipieren. Denn erst, wenn sie das können, dann ist der Nährboden weg für die Versagensangst und konsekutiv Verlustangst, die besagt: wenn ich es sexuell nicht bringe, dann werde ich geprüft, gewogen, für zu leicht befunden und verworfen. Und mein Partner, meine Partnerin sucht sich jemanden, der sexuell besser funktioniert, performt und „abliefert“. Das ist die Kernangst, die hinter all dem steht.

All das muss erstmal klarwerden, bevor man in irgendwelche therapeutischen Interventionen auf der interaktionellen Ebene einsteigen kann. Und deswegen, um zurückzukommen zur Frage: Die Patienten kommen nicht mit einem Emanzipationswunsch, sondern sie kommen mit einem Reparaturwunsch. Mach wieder heil! Mach, dass es wieder klappt! Und dann führt die Art Sexualtherapie, wie ich sie anbiete, dazu, dass erstmal dieser Reparaturwunsch reflektiert wird. Das gilt nicht für alle sexualtherapeutischen Herangehensweisen.

Apropos sexualtherapeutische Arbeit. Wie würden Sie den Klienten erklären, welchen Vorteil es hat, zu einem Sexualtherapeuten zu gehen, gegenüber einem nicht spezialisierten Psychotherapeuten?

Die Diagnostik und Behandlung sexueller Störungen ist in der Regel nicht Bestandteil der regulären Ausbildung von Psychotherapeuten. Weder beim Fachpsychologen für Klinische Psychologie und Psychotherapie noch beim Facharzt für psychosomatische Medizin und Psychotherapie. Ein allgemeiner Psychotherapeut ist also nicht zwangsläufig qualifiziert, die Untersuchung und Behandlung sexueller Störungen durchzuführen. Daher behandeln allgemeine Psychotherapeuten Sexualstörungen mitunter genau so, wie alle sonstige psychischen und Verhaltensstörungen und Patienten machen dann womöglich die ungünstige Erfahrung, dass die Behandlung nichts gebracht hat, auch und vor allem, weil die Partner nicht in die Behandlung mit einbezogen wurden. Und dann ist die Aussage: „Ich habe es ja versucht, das klappt auch nicht. Es hat alles keinen Sinn.“ Meiner Ansicht nach sind ausgebildete Psychotherapeuten mit einer zweijährigen, postgradualen Weiterbildung in Klinischer Sexualwissenschaft bzw. Sexualtherapie für die Diagnostik und Behandlung sexueller Störungen am besten qualifiziert. Diese Weiterbildungen werden von den sexualwissenschaftlichen Fachgesellschaften angeboten und durchgeführt.

Ich wechsle noch mal das Thema. Würden Sie sagen, guter Sex ohne Liebe ist möglich?

Wenn Sie mir vorher sagen, was „guter Sex“ ist, antworte ich gerne. Aber, ich ahne, was Sie meinen und, ja, das ist in meinen Augen überhaupt kein Widerspruch. Bei beziehungslosen Gelegenheits-Sexualkontakten ist das etwas anders. Da geht’s um Sexual Fastfood, um einen Sexual Meat-Snacktake away. Wenn zwei oder mehrere Menschen, die sich nicht kennen und auch nicht kennenlernen wollen, geilen Sex miteinander haben, ob im Gebüsch, im Bett, im Aufzug oder auf dem Hochhausdach, dann begrüße ich den Umstand, freue mich für alle Beteiligten und bitte, darin fortzufahren! Wo kein Aua – da kein Arzt!

Es geht in meiner Arbeit aber nicht um die Frage, wer auf welche Art und Weise mit wem, geilen, beziehungslosen Pornosex haben kann, sondern um die Frage, wie Menschen in sexueller Hinsicht Beziehungen führen können. Darum bin ich in meinem klinisch-praktischen Alltag nicht vorrangig mit Casual Dating bzw. anonymen Gelegenheits-Sexualkontakten à la Tinder wisch und weg konfrontiert, sondern mit Menschen, die in Ihren partnerschaftlichen Beziehungen sexuelle Erfüllung suchen, nicht in One-Night-Stands schnelle sexuelle Befriedigung.

Meiner Erfahrung nach verhält es sich so, dass die meisten Menschen über kurz oder lang mit einem anderen Menschen vertrauensvoll in einer engeren Beziehung leben wollen. Wollen, nicht sollen oder müssen! Wir sind auf Bindung programmiert. Wir suchen jemanden, der an uns denkt, und an den wir denken können, und der uns was fragt, und uns mal anguckt und soziale Resonanz gibt. Wenn wir uns als Paar zusammentun, um dieses psychosoziale Grundbedürfnis zu befriedigen, dann können wir das auf vielfältige Weise tun… Gemeinsam Kaffee trinken, Blumen schenken, Komplimente machen… und eine besonders intensive und potentiell intime Weise, das zu tun, ist: miteinander zu schlafen. Als Ausdruck des Beziehungserlebens. Das ist es, was ich mit der Kommunikations-Funktion der Sexualität meine.

Ein Beispiel in Ihrem Buch fand ich in diesem Zusammenhang sehr überzeugend. Sie beschreiben einen Klienten mit einer Paraphilie, einem sexuellen Fetisch, der sich nie getraut hat, seiner Frau das mitzuteilen. Als sie dann in der Therapie darüber reden konnten, war die Reaktion der Frau nicht Ablehnung, wie befürchtet, sondern „Das ist vielleicht ein bisschen strange, aber ich habe dich trotzdem lieb!“ Damit beschreiben Sie die Dynamik, dass Paare Angst haben, sich einander sexuell zu zumuten und sich scheuen, die Aussage zu machen: so bin ich in meiner Sexualität. Meine Sexualität ist so und nicht anders. Erleben Sie in dieser Hinsicht große Unterschiede zwischen Männern und Frauen? In der Bereitschaft, sich zu öffnen und zum eigenen sexuellen Profil zu stehen?

Nicht so sehr in der Fähigkeit, eigene sexuelle Vorstellungen und Wünsche zu benennen und mitzuteilen. Aber große Unterschiede bezogen auf die Ausgestaltung eines sexuellen Selbstkonzepts. Geschlechtstypische Unterschiede sehe ich dahingehend, dass bei Männern, biopsychosozial begründet, eine viel differenziertere Befassung mit sexuellen Reizmustern, Fantasien, Gelegenheiten stattfindet, ab der Pubertät über Selbstbefriedigung tausendfach überlernt, ist das ganz ausdifferenziert „worauf stehe ich?“. Daraus werden differenzierte sexuelle Skripts, wie ein Plot des Lieblingsfilms im Kopfkino, was dazu führt, dass Männer ziemlich genau sagen können, was sie triggert. Das bleibt bei vielen Frauen offener, weicher, flexibler, viel situativer, personen- und beziehungsabhängiger. So dass Frauen in Sexualanamnesen häufiger sagen „Ich kann gar nicht sagen, dass ich da so festgelegt bin. Sondern, es war von Mal zu Mal so, dass ich, abhängig von der Person des Partners und der Qualität der Beziehung, unterschiedliche Dinge mochte.“ Bei vielen Frauen sind auch die Begleitphantasien bei der Selbstbefriedigung nicht so plastisch, konkret und ausdifferenziert.

Das alles ist zudem natürlich davon überlagert, dass wir Schamgefühle haben, bezogen auf die Ausgestaltung unserer Sexualfantasien, wenn darin Inhalte vorkommen, die wir als nicht normkonform bewerten. Deswegen verbergen wir das. Aber da ist viel los, im Inneren. Wenn ich frage „Wie definieren Sie sich selbst in sexueller Hinsicht?“, dann kommt bei den Männern in der Regel irgendein sexuelles Selbstkonzept (Macho, Softi, Romantiker, Aufreißer), bei den Frauen schaue ich hingegen viel häufiger in fragende Augen. Und alles, was dann kommt, ist ein mehr oder weniger ausgeprägtes Bewusstsein, für eine bestimmte sexuelle Interaktion, die mehr oder minder abhängig sind von den beteiligten Personen und der Qualität der vorgestellten Beziehungen. Also „Ich wüsste schon, was für mich schöner ist. Und könnte meinem Mann auch sagen, dass für mich Karnickelsex nicht die Erfüllung ist. Da habe ich zwar Hemmungen, aber das könnte ich sagen. Ich könnte auch sagen, was für mich schön ist, wie ich verführt werden will und so weiter“. Aber das ist dann schon wieder bloß die Ebene der Handlung und eben nicht die der Bedeutung. Erst, wenn wir von der Funktion zur Kommunikation und von der Handlung zur Bedeutung kommen, dann passiert etwas. In der Sexualtherapie und resultierend in der Sexualbeziehung. Dann wird Sex intim.

Das Gespräch mit Dr. Christoph Joseph Ahlers führte Julia Bellabarba, Paartherapeutin in Berlin. Sie selbst führt Therapiegespräche auf Deutsch und Englisch. http://paartherapie-coupletherapy.de/

448 Seiten, Goldmann, 2015

ISBN 978-3-442-31378-5

19,99 €

 

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